In Simbabwe wird die Hungersnot Realität

Die Landwirtschaft ist zusammengebrochen – jetzt werden Hungertote gemeldet. Regierung gibt sich hilflos

HARARE taz ■ Als vor kurzem in Simbabwes Hauptstadt Harare eine Durchfallepidemie umging, wusste die Regierung von Präsident Robert Mugabe sofort, wer schuld ist: die Opposition. Der von der oppositionellen MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) geführte Stadtrat Harares lasse die Kanalisation verkommen und fördere damit die Verbreitung von Krankheiten. Aber Ärzte, die die Kranken behandelten, widersprachen: Die Durchfallsymptome deuteten auf Mangelernährung hin.

Ganz allmählich wird in Simbabwe die Hungersnot Realität, vor der Hilfswerke seit Monaten warnen. Es gibt bereits Hungertote in einigen ländlichen Gebieten, wo das Grundnahrungsmittel Mais knapp und teuer geworden ist und die Menschen stattdessen von Beeren, Wurzeln und Baumrinde leben.

34 Monate ist es her, dass Ökonomen und Agronomen zuerst warnten, dass Simbabwe in die Lebensmittelkrise steurere, wenn die angekündigte Politik der Beschlagnahmung weißen Farmlandes umgesetzt würde. Die Politik wurde umgesetzt – der Hunger ist da. Über 7 Millionen der 14 Millionen Menschen in Simbabwe werden in den nächsten Monaten auf ausländische Nahrungsmittelhilfe angewiesen sein, warnen Hilfswerke.

Ende November gab Landwirtschaftsminister Joseph Made erstmals zu, dass die Regierung gescheitert sei im Bemühen, Ernährungssicherheit für Simbabwe herzustellen. „Wir wissen nicht, was in dieser Saison angepflanzt worden ist, und das ist für die Regierung ein großes Problem“, sagte er der Sonntagszeitung Standard. „Wir können nur hoffen, dass die neuen Farmer genug Getreide produzieren, um das Land zu ernähren.“

„Made war wohl der Einzige, der nicht wusste, was hier los ist“, kommentierte der Standard diese Bemerkungen. „Die meisten Simbabwer wissen Bescheid, weil sie mit dem Mangel leben.“ Das beste Agrarland Simbabwes liegt brach, weil auf die Vertreibung der kommerziellen Farmer nichts gefolgt ist. Über 3.000 weiße Farmer sind enteignet worden; über 300.000 schwarze Familien erhielten Grundstücke von je 10 bis 20 Hektar und weitere 50.000 Familien von 40 bis zu 400 Hektar. Aber weniger als die Hälfte der Begünstigten haben ihr neues Land in Besitz genommen. Und auch die können sich angesichts von Hyperinflation und Wechselkursverfall kein Saatgut oder Düngemittel leisten.

Die Ernte von kommerziellen Agrarprodukten wie Tabak, Baumwolle, Soja und Weizen war dieses Jahr nur noch halb so hoch wie 1999/2000. Das trifft die gesamte Wirtschaft. Zahlreiche Firmen haben dichtgemacht. Die Arbeitslosenquote liegt bei 70 Prozent und steigt.

„Unsere Jobs sind bedroht“, sagt ein Angestellter einer Vermarktungsfirma für Agrarprodukte. „Die neuen Farmer wissen nicht, wie man eine hohe Ernte einholt. Sie denken, es reicht, Mais zu pflanzen und dann zu warten. Es wird fünf bis zehn Jahre dauern, bis wir auch nur wieder da angelangt sind, wo wir vor fünf Jahren waren.“

GODFREY KARORO