Sparkurs an der Alten Försterei

Zweitligist FC Union gewinnt in Braunschweig 2:1. Den Spielern droht dennoch eine Gehälterkürzung. Präsident will möglicher Zahlungsunfähigkeit vorbeugen

Vorbei ist es mit der besinnlichen Adventsstimmung beim 1. FC Union. Rund um das Stadion an der „Alten Försterei“ in Köpenick brennt der Baum. Trotz des gestrigen 2:1-Auswärtserfolges in Braunschweig. Präsident Heiner Bertram will den Angestellten ab 4.200 Euro Monatsbrutto aufwärts eine Gehaltskürzung um 20 Prozent verordnen, bis es dem Verein wirtschaftlich wieder besser geht. Betroffen wäre vor allem das kickende Personal, dessen Erfolgsprämien zudem auf 50 Prozent eingefroren werden sollen.

„Mit der Offensive beugen wir einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit in der Rückrunde vor“, rechtfertigt Bertram seinen ultimativen Sparkurs. Heute sollen die Mitarbeiter ihre reformierten Arbeitsverträge unterschreiben. Wer sich weigert, erhält eine Änderungskündigung und kann gehen.

„Die Situation ist schwierig. Ich muss klaren Kopf bewah- ren“, meint der um die Konzentration seiner Schützlinge besorgte Trainer Mirko Votava. Vor der gestrigen Partie in Braunschweig glühten die Drähte zwischen den Spielern und ihren Beratern und Rechtsbeiständen.

Die Unruhe unter den Union-Angestellten in kurzen Hosen ist groß: Wer soll auf die Schnelle einen neuen Arbeitgeber finden? Angesichts der Finanzkrise in den meisten Klubs herrscht auf dem Transfermarkt Friedhofsruhe. Die Kirch-Krise hat auch bei Union ein großes Loch in die Kasse gerissen. Weil das Fernsehgeld nicht mehr so üppig fließt, fehlen rund 600.000 Euro. „Die Schwierigkeiten sind nicht hausgemacht“, beteuert Bertram, der den Verein vor nicht allzu langer Zeit noch als wirtschaftlich gesundes Unternehmen gelobt hat.

Jörg Schmadtke, Sportdirektor bei Alemannia Aachen, wundert sich über den aktuellen Crashkurs beim Liga-Rivalen. „Wir haben schon vor zwölf Monaten angefangen, unsere Spieler über die Entwicklung bei Kirch zu informieren.“ Als der Niedergang des Sportvermarkters feststand, genügten Schmadtke vor (!) Saisonbeginn „zwei Gesprächstermine“, um die Alemannen von einer 20-prozentigen Lohnkürzung zu überzeugen.

Weil die Berliner erst jetzt auf die verschlechterten Rahmenbedingungen reagieren, räumt Horst Kletke, Arbeitsrechtler aus Frankfurt am Main, dem Köpenicker Streichkonzert bei einem möglichen Gerichtsprozess wenig Chancen ein: „Wenn man von einem Kündigungsgrund Kenntnis erhält, muss man innerhalb von 14 Tagen kündigen. Sonst ist der Kündigungsgrund verbraucht. Dass das Fernsehgeld nicht mehr in der ursprünglich erwarteten Höhe fließen wird, ist schon ein alter Hut.“ Viele Union-Fans halten die harte Gangart des Präsidenten trotzdem für vertretbar. „Allen Branchen geht’s schlecht. Warum sollen nicht mal die Profis bluten?“, fragt Kay Kunke stellvertretend für die vielen sozial schwächeren Stadiongänger.

Einen sanfteren Weg der Krisenbewältigung schlägt Tennis Borussia ein. Eine Immobilie in Pankow, das Tafelsilber des Oberligisten, mussten die Charlottenburger für 2,6 Mio Mark verkaufen, um die Erblast des einstigen Sponsors „Göttinger Gruppe“ abzutragen. „Wenigstens haben wir jetzt keine Schulden mehr“, sagt TeBe-Aufsichtsratschef Axel Lange.

Um den akuten Finanz-Engpass zu überwinden (fast die Hälfte des 500.000-Euro-Haushalts ist nicht gesichert), sollen 800 Vereinsmitglieder eine einmalige Umlage von 150 Euro pro Kopf entrichten. „Die Resonanz ist ausgesprochen positiv“, freut sich Lange. JÜRGEN SCHULZ