Ledig, jung, allein erziehend

Die „Party-Mütter“ Celine und Natty versuchen Kind und Spaßgesellschaft zu vereinen. „Fifty Fifty“ (ZDF, 0.55 Uhr) zeigt, wie mühsam das ist, vor allem wenn man von den Vätern getrennt lebt

von SUSANNE BURG

Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft oder als Ausweitung der Kampfzone? Irgendwo dazwischen oszilliert die dreiteilige Reihe „Von wegen Familie“ des ZDF. Auch wenn sich die einzelnen Filme weniger für Konfuzius oder Houellebecq als für gelebte Erfahrung interessieren.

Irgendwo zwischen Oranienplatz und Görlitzer Bahnhof schieben zwei Mütter ihre Kinderwagen durch Kreuzberg. Celine und Natty sind Anfang 20, Afrodeutsche und die Protagonisten in Neelesha Barthels Dokumentarfilm „Fifty Fifty“, dem zweiten Teil der Reihe im Kleinen Fernsehspiel.

Celine und Natty sind „Partymütter“. Sie waren jung, kaum aus der Schule, als sie Kinder bekamen. Jetzt versuchen sie, ihr familiäres Glück mit den Maximen der Spaßgesellschaft zu vereinbaren. Was an sich schon ein Unterfangen ist, aber hier noch durch den Umstand erschwert wird, dass sie getrennt von den beiden Vätern leben.

Ein Abend in einem Reggaeclub setzt daher minutiöse Planung voraus: Nuckelflaschen und Windeln müssen gepackt, mit den Vätern genaue Übergabeorte und -termine für die Kinder verabredet werden. Doch aller Planung und ursprünglicher Absicht zum Trotz, mit den Vätern alles fifty-fifty zu machen, klappt nie reibungslos. Entweder einer verschläft, wartet am falschen Ort oder Vater und Mutter kriegen sich in die Haare. Die Kamera läuft gnadenlos weiter.

Sie verfolgt Celine beim Spaziergang mit Vater Dirk, einem Kreuzberger Künstler, und zeigt die langsame Entwicklung zum Eklat auf, von einem entspannten Gespräch über ihre Freundschaft zu einem erbitterten Streit über Unterhaltszahlungen. Dass das nicht voyeuristisch wirkt, liegt zum einen daran, dass die Kamera die Streitenden nicht zu stören scheint, sondern sie sie sogar ein wenig als Plattform betrachten, schwelende Konflikte auszutragen.

Gegenschnitt

Zum anderen vermittelt Neelesha Barthel nie den Eindruck, als wolle sie jemanden bloßstellen. Es ist vielmehr das Beobachten und Verstehen, das sie interessiert. „Du darfst dich als Regisseurin nie über deine Protagonisten stellen“, sagt sie. „Wenn sie in einer Situation schlecht dastehen, schneide ich etwas dagegen, sodass man sie besser versteht.“

Neelesha ist 25, hat mit 16 schon als Schauspielerin in „Gute Zeiten Schlechte Zeiten“ und zuletzt im Kinofilm Samsara mitgespielt und klingt fast weise: „Um diesen Job zu machen, muss man Menschen schon lieben.“

Es besteht kein Zweifel: Neelesha liebt Celine und Natty. Sie sind alte Freundinnen. Irgendwann allerdings lebten sie sich auseinander. Neelesha begann sich für Filme zu interessieren, brachte sich im Keller eines Berliner Clubs das Schneiden selbst bei, fuhr mit Anfang 20 nach New York und Los Angeles und drehte dort zwei Filme über HipHop. Celine und Natty gründeten Familien. „Irgendwann hat mein Vater gesagt: Warum fährst du eigentlich immer ins Ausland, um deine Filme zu machen?“, erzählt die Regisseurin, die im Oktober ein Studium an der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen begonnen hat. „Warum machst du nicht mal hier einen Film? Guck dir doch mal deine Freundinnen an.“

Die Nähe zeigt sich im Film. Er wirkt intim. Celine und Natty lümmeln sich auf dem Sofa und sprechen von ihrer Sehnsucht nach einer Familie. Beide sind ohne Vater aufgewachsen: Der eine, Afrikaner, ist früh gestorben, der andere, Afroamerikaner, zog in die USA zurück.

Sie sprechen von dem gesellschaftlichen Druck, gut auszusehen, auszugehen, gute Mütter zu sein und Geld zu verdienen. Dass sie hin und wieder scheitern und dennoch mit Energie und großem Optimismus weiterkämpfen, entwirft dann doch die Problematik der Familie in der modernen Gesellschaft: die Patchworkfamilie als verbreitete Realität, nicht als exotische Randerscheinung.