Neues US-Wirtschaftsteam für alte Politik

Präsident Bush feuert den Finanzminister und den Wirtschaftsberater. Jetzt sucht er neue Leute, die sein Konzept der Steuersenkungen besser verkaufen können. Die Arbeitslosenrate steigt, und die Opposition spricht von Versagen

NEW YORK taz ■ US-Vizepräsident Dick Cheney musste seinem Freund, Finanzminister Paul O’Neill, die schlechte Nachricht überbringen: Seine Dienste werden nicht mehr gebraucht. Gleich danach nahm auch Lawrence Lindsey, der Wirtschaftsberater des Präsidenten, seinen Hut. George Bush dankte beiden mit betont dürren Worten und bemühte sich nicht einmal zu verbergen, dass ihr Abtritt nicht freiwillig geschah.

Die Wall Street reagierte mit einem erfreuten Kurshüpfer. Der Fraktionsführer der Demokraten im Senat, Tom Daschle, kommentierte: „Das eigene Wirtschaftsteam zu feuern, ist das überfällige Eingeständnis der Bush-Regierung, dass ihre Wirtschaftspolitik versagt hat.“ Just am Freitag, als die beiden Wirtschaftspolitiker entlassen wurden, musste die Regierung in Washington bekannt geben, dass die Arbeitslosenrate wider Erwarten im November auf sechs Prozent gestiegen ist, den höchsten Stand seit acht Jahren.

Somit herrscht jetzt wirtschaftspolitisch Tabula rasa in Washington, nachdem der von Bush eingesetzte Chef der Börsenaufsicht, Harvey Pitt, bereits vor einem Monat wegen seines problematischen Umgangs mit den zahlreichen Unternehmensskandalen in den USA zurücktreten musste. Lediglich der eher farb- und machtlose Wirtschaftsminister Donald Evans ist noch übrig von dem ursprünglichen Wirtschaftsteam des Präsidenten. Er wird nun neben Gerald Parsky, Bushs Wahlkampfmanager in Kalifornien, als möglicher Nachfolger O'Neills gehandelt. Auf Lindseys Posten soll möglicherweise Stephen Friedman nachrücken, ein ehemaliger Aufsichtsratschef der Investmentbank Goldman Sachs. Der könnte vielleicht das miese Ansehen der Regierung an der Wall Street aufpolieren.

O'Neill, der zuvor den Aluminiumriesen Alcoa geleitet hatte, hatte eigentlich Management-Know-how in die Regierung einbringen sollen. Tatsächlich machte er sich aber vor allem einen Namen durch die vielen Fettnäpfchen, in die er getreten war. Beispielsweise verursachte er völlig unbeabsichtigt einen Kurssturz der US-Währung, als er nebenher bemerkte, die Regierung vertrete keine Politik des starken Dollars. Ganz Brasilien brachte er gegen sich auf durch den wohlmeinenden Rat für den neu gewählten Staatspräsidenten Lula, er solle erst mal „beweisen, dass er kein Verrückter ist“. Sein Hauptfehler aber war es, Bushs Philosophie der Steuersenkungen nicht uneingeschränkt zu teilen. Bush plant, die letztes Jahr für einen Zeitraum von zehn Jahren beschlossenen Steuersenkungen permanent zu machen. O'Neill ist dagegen besorgt über deren Auswirkungen auf den Haushalt. Er propagierte in Widerspruch zu seinem Chef eher kleinere und gezieltere Steuerermäßigungen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Wirtschaftsberater Lindsey, der Bushs Steuersenkungsplan während des Wahlkampfes vor zwei Jahren entwickelte, stand dagegen fest hinter Bush. Doch er war völlig unfähig, diese Politik auch nach außen zu vertreten. Bush braucht aber dringend jemanden, der seine Regierung wirtschaftspolitisch kompetent erscheinen lässt. Seinen Vater, George Bush der Ältere, hatte die damalige Rezession die Wiederwahl gekostet. Auch jetzt steckt die US-Wirtschaft wieder in der Flaute, und langsam wird es immer schwieriger, dies auf die vorige Regierung unter Bill Clinton und auf die Terroranschläge im letzten Jahr zu schieben. Das Problem ist, dass die Regierung nur eine einzige Idee hat, wie der lahmen Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen ist: noch mehr Steuersenkungen. NICOLA LIEBERT