Der Staat spioniert, die Firma zahlt

Die Bundesregierung will die Überwachung des Internets ausweiten. Neben den Datenschützern protestieren auch Unternehmen: Sie sollen für die Technik aufkommen

Nicht nur Datenschützer und Bürgerrechtler, auch Unternehmen sind empört: Das Wirtschaftsministerium hat jetzt einen verschärften Entwurf für die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes vorgelegt. Wie der Onlinedienst „heise“ meldet, sollen Anbieter entsprechender Dienstleistungen künftig nicht nur verpflichtet werden, ihre Kundendaten an Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln. Die Unternehmen sollen auch noch die Kosten für die angeordneten Überwachungsmaßnahmen tragen. Diese Klausel war in einem früheren Entwurf zunächst gestrichen worden, nachdem die Wirtschaft heftig protestiert hatte.

Firmen fürchten Kosten

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten bezeichnet die geplante Novelle als „nicht hinnehmbar“ und kritisiert, „dass die Verpflichteten weiterhin annähernd entschädigungslos mit den hohen Kosten für die Sicherstellung von Überwachungsmaßnahmen belastet werden“.

Unmut erregt in der Online-Branche zudem, dass künftig mehr Unternehmen „zum Vorhalten der teuren Überwachungstechnik verpflichtet werden“. Bisher nannte das Gesetz nur Betreiber von „Telekommunikationsanlagen“. Der neue Entwurf weitet diesen Kreis aus und spricht von „Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen“. Vor allem kleine Anbieter mit ihren Call-by-Call-Angeboten wären wirtschaftlich bedroht. Aber auch auf Netzgrößen wie T-Online, AOL Deutschland oder Compuserve käme eine Kostenlawine zu.

Auf heftigen Protest stößt schließlich die neue Klausel, nach der Telekommunikationsanbieter nicht nur die Rufnummern zu speichern haben, sondern auch „den Namen und die Anschrift des Rufnummerninhabers, bei einer natürlichen Person auch deren Geburtsdatum sowie den Vertragsbeginn, bei Festnetzanschlüssen außerdem den Ort des Anschlusses“. Dabei empört die Firmen besonders, dass diese umfangreichen Dateien bereits anzulegen sind, noch bevor die Unternehmen für ihre Kunden tätig geworden sind. Beim Internet-by-Call oder beim Online-Shopping wären anonyme Dienstleistungen nicht mehr möglich, fürchtet der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco.

Internet benachteiligt

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder lehnen es schon länger entschieden ab, sämtliche Nutzerdaten im Internet und anderen elektronischen Netzen zu speichern, damit sie Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden zugänglich gemacht werden können. So wies die 64. Konferenz der Datenschutzbeauftragten Ende Oktober darauf hin, dass das Telekommunikationsgeheimnis die unabdingbare Voraussetzung für eine freiheitliche demokratische Kommunikationsgesellschaft sei. Zudem würden die geplanten Maßnahmen einen ungleich höheren Überwachungsdruck im Internet erzeugen als in vergleichbaren Medien. So müsse bisher niemand seinen Personalausweis vorlegen, wenn er einen Brief bei der Post aufgibt oder in einer öffentlichen Bibliothek registrieren lassen, welche Seite er in welchem Buch aufschlägt.

WOLFGANG GAST