Männer sind Beutelträger . . .

. . . und Frauen wiegen sich im Bewusstsein, sparsam zu sein. Modernität blitzt durch die Hallen der Verbrauchermesse Hafa bei Öko-Leckereien und einzeln erhältlichen Tryptichon-Teilen

Leute, die Einkaufen und sparen wollen – oder wenigstens den Eindruck erwecken

Was macht die Hausfrau, die schon alles hat? Sie bastelt, dekoriert und schmückt sich. Am Kreativ-Stand in Halle 1 ist schon am Vormittag die Hölle los. Päckchen bunter Perlen werden in den Händen gewogen, Kleingedrucktes auf Klebstofftuben wird durch die vorgehaltene Brille entziffert, Styroporkugeln für Herbst-Gestecke prüfend hin- und hergedreht. Der Renner aber sind die einzeln käuflichen Servietten mit Weihnachts- oder Herbstmotiv. Kostenpunkt: 25 Cent. Das ist nicht billig, aber es ist wenig. Und auf eine Messe wie die Hafa gehen Menschen, die gern einkaufen, dabei aber sparen oder doch wenigstens bei sich und anderen diesen Eindruck erwecken wollen.

Hafa, das stand bei Gründung im Kulturrevolutionsjahr 1969 für „Hauswirtschaft und Familie“. Als ideeller Träger gilt noch heute der Deutsche Hausfrauenbund, Landesverband Bremen. Und noch immer regnet es Reminiszenzen an die klassische Hausfrau, zu deren Arbeit eben auch die Warenkunde, die umfassende Kenntnis dessen, was auf dem Markt ist, gehört.

„Ich bin bloß die Köchin, denken kann ich nicht“, singsangt eine geschäftstüchtige Blondine an der Küchenmaschine, und hofft, ihrem Publikum aus dem Herzen zu sprechen. Auch die ‚Pfanne von Anne‘, eine handgeschmiedete Eisenpfanne, kommt nicht ohne Anspielung auf die Geschlechterstandards aus: „Jetzt können Männer wieder in der Pfanne kratzen“, lächelt wissend die Frau an der Anne-Pfanne. Dabei werden die Stände, an denen „echte“ Messe-Ware ausgestellt wird, also Dinge, die man im Laden nicht kriegt, weniger. Die gute alte ‚Wela‘-Dosensuppe gehört dazu, die Tupperware und natürlich der ‚Putzstein‘ in fünf Varianten – einer echter als der andere.

Die Veranstalter-Firma Heckmann bestückt die sechs Hallen auf der Bürgerweide mit fast 600 Ständen, bis jetzt waren 20.000 BesucherInnen da. Klassische Messehöker bieten Roten Ginseng, hellblaues Hydrogel, hölzerne Einlegesohlen, original isländische Strickmoden, Saunas aus Stoff und zum Falten, Alarmanlagen und Sekundenkleber. Es gibt aber zunehmend auch die ganz anderen Bereiche: Etwa eine Nachahmung der Flaniermeile am Wall, die „Werbung für die echte Straße“ machen soll. Oder die in elegant-bläuliches Schummerlicht getauchte „Bremen Brilliant“-Zone, in der Herr und Frau Neureich an Galerie-Ständen Tryptichon-Teile auch einzeln erstehen können. Zu den Exoten gehört auch der Bioland-Aussteller gleich neben der Frau von der Landwirtschaftskammer, die aussieht, als würde sie sich eher die Hand abhacken, als unter ihre 40 Werbe-Prospekte für Zucker, Putenfleisch und Rinderhack einen über Öko-Produkte zu mischen. Ein paar Meter weiter folgt die Hasen- und Kaninchenschau, noch ein bisschen weiter dann Kaninchens Ende: Die Frauen der Züchter verkaufen Felldecken und verschenken zur Freude der Kinder, die so gern Kaninchen streicheln, kleine Fellreste.

Bei einer Endvierzigerin steht die neue Küchenmaschine auf dem Wunschzettel. Vielleicht kauft sie, vielleicht informiert sie sich nur, „aber eine Maschine für richtig schwere Vollkornteige, das krieg ich anderswo nicht.“ Dass die Molkerei ,Bremerland‘ und sogar der Supermarkt ‚extra‘ große Flächen besetzen, findet sie „nicht gut“. Am Ende, schaltet sich ihr Mann mit zwei noch leeren Stoffbeuteln ein, seien die Platzmieten für die kleinen, „echten“ Messestände zu teuer.

Je mehr Stände, desto besser für Günter von Seggern, Rentner aus Berne, der nur einen Zweck verfolgt: Werbekugelschreiber sammeln. Auf der IAA in Hannover hat er letzte Woche 370 Stück abgeräumt, hier in Bremen sind es bislang an die 60. Zu Hause, wo schon die anderen 24.000 warten, sortiert er sie ein nach Farbe und Alphabet.

Die meisten Händler sind mit dem Andrang zufrieden, wenn auch das Hamburger Publikum zahlungskräftiger sei, wie eine Dame in Weiß am Beauty-Stand zu berichten weiß. Dort, wo eine ähnliche Regional-Messe den unübertroffenen Titel „Du und Deine Welt“ trägt, habe sie zehn Behandlungsliegen immer voll gehabt. In Bremen sind es vier – drei davon belegt. Frauen von 20 bis 60 lassen sich Augenbrauen, Lider und Münder dauerhaft pigmentieren – für sage und schreibe 460 Euro. „Sie stehen morgens auf und sind perfekt“, wirbt die weiße Frau. Wer würde davon nicht träumen? Elke Heyduck