Nah ans Wasser gebaut

Unternehmer gehen ran an die Weser. Hinter dem Großmarkt könnte eine Mischung aus Büro und Freizeit entstehen. Wohnen ist nur am Rande ein Thema. Die Stadt soll für Planungssicherheit sorgen

„Vor 18 Jahren galt man als Hochverräter, wenn man von der Umnutzung der Hafenreviere gesprochen hat.“ Jürgen Lüthge muss es wissen. Damals war er selbst Staatsrat im Bauressort, heute ist er als Geschäftsführer der Firma Brebau einer von denen, die auf den ehemaligen Hafenflächen in ein städtisches Quartier investieren wollen.

Zusammen mit anderen Investoren will er die Fläche 12, auch Überseepark genannt, die hinter dem neugebauten Großmarkt und nur einen Bootstrip vom Space Park entfernt liegt, aus dem Dornröschenschlaf wecken. „Die Lagequalität ist sehr gut“, beschreibt Jan Miller von der Hanse Projekt GmbH das rund zehn Hektar große Gelände, das auf der einen Seite von der hier schon breit dahinströmenden Weser und auf der anderen Seite vom Wendebecken des ehemaligen Übersee-Hafens begrenzt wird. Eine lange waterkant also, die als Gewerbe- und Wohnstandort attraktiv genug sein sollte, um auch auswärtige Investoren auf den Plan zu rufen. So zumindest der Wunsch. Bislang sind in dem Konsortium die Bremer Firmen Riggers, Brebau, Zechbau und Gewoba. Die Hamburger Albis GmbH ist als erste Auswärtige mit im Boot. Um die geschätzte Investitionssumme von 300 bis 400 Millionen Euro stemmen zu können, sind noch weitere Investoren gesucht.

Ein erster Entwurf sieht eine Mischung aus Bürogebäuden, Hotels, Wassersportanlagen, Lofts für den gehobenen Geldbeutel und Ateliers vor. Aus dem Standort ergäben sich, so Miller, die Themengebiete Außenhandel, Nahrung und Design als Überschriften für die einzelnen Bebauungsblöcke. Letzteres ergibt sich auch aus dem benachbarten Speicher XI, in den die Kunsthochschule einzieht.

Das Thema Wohnen präsentierten die Investoren allerdings mit Zurückhaltung. Vorstellbar seien sogenannte „Kombi-Flats“ als Mix aus Arbeits- und Wohnfläche, die in Bremen bislang nicht angeboten würden. Gegen einen ‚Schwerpunkt Wohnen‘ spreche nicht nur die Lage hinter dem wenig urbanen Großmarkt-Komplex, sondern auch der Bestandsschutz, den die industriellen Betriebe im Hafen genießen: Weil die Stadt auf die dort noch vorhandenen Arbeitsplätze nicht verzichten kann, muss sich jede neue Nutzung mit der alten, zum Teil lautstarken vertragen.

„Dies ist einer der Punkte, an denen die Stadt ihre Meinung ändern muss“, so Brebau-Mann Lüthge. In der städtischen Konzeption für diese Fläche spielen Wohnungen eine vergleichsweise große Rolle. Die anderen Abweichungen betreffen den Zeitplan. Nach dem Willen der Stadt sollten die Hafenreviere vom Faulenquartier ausgehend entwickelt werden. Das erste Gebiet wäre dann das hinter der Stephani-Brücke. Das allerdings ist eigentumsrechtlich so schlecht sortiert, dass es für ein konkretes Vorhaben nicht in Frage kommt.

Die Stadt, die in Gestalt der Überseestadt GmbH die Hand auf der Fläche hält, soll nun in einem sogenannten Anhandgabe-Vertrag für Planungssicherheit sorgen. Der Vertrag würde den Investoren garantieren, dass sie in den nächsten Jahren Geld und Mieter akquirieren können, ohne dass Konkurrenten dazwischenfunken können. Gleichzeitig behielte die Stadt sich vor, die Planungen der Investoren zu kontrollieren und an ihren eigenen Vorstellungen zu messen. Die Chance, dass ein solcher Vertrag im Februar geschlossen würde, stünden gut, so Lüthge. Nach zwei Jahren detaillierter Planung könnte das neue Quartier fünf Jahre später stehen. hey