SERBIEN: DJINDJIĆ TRICKST, ABER KOŠTUNICA IST SCHLIMMER
: Augen zu und durch

Es ist ihm nicht gelungen. Der konservative, national gesinnte Präsident Jugoslawiens, Vojislav Koštunica, konnte die bürgerlich-liberalen, prowestlich orientierten Wähler Serbiens nicht davon überzeugen, dass er geeignet ist, ihr Präsident zu sein. Koštunicas Kontrahent Zoran Djindjić kann vorerst aufatmen. Die Rechnung des Premiers ist aufgegangen: Als ihm klar wurde, dass gegen Koštunica niemand eine Chance hätte, schickte er keinen eigenen Kandidaten ins Rennen in der Hoffnung, dass die Präsidentschaftswahl erneut an geringer Wahlbeteiligung scheitern würde. Diese Rechnung ist aufgegangen.

Die entstandene institutionelle Krise nimmt Djindjić dabei in Kauf. Alles wird dem Motto untergeordnet, dass Koštunica nicht an die Macht kommen darf: ein Mann, der nicht mit dem Haager Tribunal für Kriegsverbrechen zusammenarbeiten will, einer, der mit den ehemaligen bosnisch-serbischen Führern Radovan Karadžić und Ratko Mladić und dem serbischen Nationalismus liebäugelt, und einer, der der EU und den USA Bedingungen stellen möchte.

Machtpolitisch stellt Djindjić zugleich dem Mann, der seine eigene Machtposition am ehesten bedrohen kann, nach Kräften Hürden in den Weg. Durch die erneut gescheiterte Wahl vermittelt Djindjić den Eindruck, dass Koštunica trotz seiner hohen Popularität ein ewiger Verlierer sei. Djindjić hofft, dass es Koštunica jetzt viel schwerer fallen wird, Verbündete für einen Misstrauensantrag gegen die Regierung zu finden.

Djindjić wirkt und handelt nicht gerade wie ein überzeugter Demokrat. Mit der Ausrede, das katastrophale Erbe aus der Machtära von Slobodan Milošević dringend und kompromisslos zu bewältigen, umgeht er oft demokratische Institutionen, Gesetz und Verfassung. Seine Gegner werfen ihm deshalb Willkür vor, ja die Benutzung von Methoden, die einst Milošević zum Machterhalt benutzt hat. Doch vor allem junge Wähler sehen in Djindjić den einzigen Hoffnungsträger, den einzigen Politiker, der Serbien nach Europa bringen und die Probleme der Transition meistern kann. Denn was wäre die Alternative? Eine rechtsnationalistische Regierung mit Koštunica an der Spitze, die im Ausland ohne Ansehen wäre und Serbien abermals eine nationale Ideologie aufdrängen würde. Für viele, die Djindjić unterstützen, heißt es: Augen zu und durch. ANDREJ IVANJI