Eisenbahnchef soll US-Finanzminister werden

Als Nachfolger von Paul O’Neill steht CSX-Präsident John W. Snow vor der Berufung. Ändern wird sich nur die Show

BERLIN taz ■ Offiziell gesucht war ein neuer Finanzminister, ein ökonomisch und politisch erfahrener Mann, möglichst direkt aus der Wirtschaft. Inoffiziell ging es darum, jemanden zu finden, der die Politik von US-Präsident George W. Bush telegener und überzeugender in der Öffentlichkeit verkauft als sein am Freitag zurückgetretener, eher undiplomatischer Vorgänger Paul O’Neill. Zumindest bei den offiziell gewünschten Qualifikationen kann der Auserkorene mithalten.

Der 63-jährige John W. Snow ist Ökonom, Rechtsanwalt und Chef des US-Schienentransportunternehmens CSX. Vor der Berufung muss sein persönlicher Hintergrund noch überprüft werden US-Medien rechneten aber damit, dass Bush noch gestern eine offizielle Ankündigung machen wollte. Snow hatte 1991 die Leitung der größten US-Bahnfrachtfirma übernommen. Mit einem Jahresgehalt von 2,2 Millionen US-Dollar und Gratifikationen von rund 11 Millionen US-Dollar gehört er zwar nicht zu den Superreichen wie zuvor schon O’Neill als ehemaliger Chef des Aluminiumkonzerns Alcoa, immerhin aber zu den reicheren Industriellen. In den 70er-Jahren arbeitete er unter US-Präsident Gerald Ford bereits in verschiedenen Regierungsämtern, unter anderem im Verkehrsministerium.

Trotzdem erwartet den 63-Jährigen keine leichte Aufgabe. Noch vor der nächsten Präsidentschaftswahl soll er der US-Wirtschaft auf die Sprünge helfen, die trotz der expansiven Geldpolitik der US-Notenbank nicht mehr so recht anziehen will. Nun befürchtet Bush, dass der Vertrauensvorschuss irgendwann abgelaufen ist. Ein mahnendes Vorbild dürfte ihm dabei sein Vater sein, der 1993 wegen schlechter Wirtschaftsdaten abgewählt worden war.

Echte Innovationen sind allerdings nicht zu erwarten. Denn Bush hat bereits klar gestellt, dass er an seiner Politik der Steuersenkungen und der Deregulierung festhalten will, das für Januar angekündigte Steuerpaket soll vor allem die Investoren und Unternehmen entlasten. Von Snow ist bekannt, dass er sich immer wieder gegen Regulierungen ausgesprochen hat und Bushs Steuerpolitik vermutlich weiter mittragen wird als O’Neill. Aufgefallen ist er zuletzt jedoch mit ganz anderem: Als Vizevorsitzender eines einflussreichen Managerkreises geißelte er die Bilanzfälschungen und prangerte die mangelnde Ethik in den großen Konzernen an. Damit dürfte er schon mal den Ton für die Fernsehzuschauer getroffen haben. BEATE WILLMS