Bank ist kein Schrecken mehr

Nach dem Absprung von Lone Star verhandelt der Senat mit nur noch einem Kaufinteressenten. Unter Druck gerät Rot-Rot aber nicht. Die Bankgesellschaft hat ihre politische Sprengkraft verloren

von ROBIN ALEXANDER

Die rot-rote Koalition fürchtet keinen neuen Ärger wegen der Bankgesellschaft, obwohl das erklärte Ziel des Senats immer unwahrscheinlicher wird, den Not leidenden Konzern bis zum 31. Januar 2003 an einen privaten Investor zu verkaufen. Ob eine Privatisierung tatsächlich stattfindet, ist fraglich, seit am Wochenende der dritte von anfangs vier Kaufinteressenten absprang. Die US-Investorengruppe „Lone Star“ begründete ihre Absage mit fehlenden Informationen. Der Ausstieg ist für den Senat besonders ärgerlich, da dieser Interessent im Unterschied zum verbliebenen potenziellen Bieter die Übernahme der Bank inklusive aller Risiken in Erwägung gezogen hatte.

Seit dem Wochenende gab es Gerüchte, Mitarbeiter der Bank hätten den Verkauf an Lone Star bewusst hintertrieben. Tatsächlich würden vor allem die Beschäftigten bei einem Verkauf der Bank verlieren: Arbeitsplatzabbau und eine Evaluierung des Managements drohen. „Es verdichtet sich der Verdacht, dass die Bankgesellschaft in ihrem Kreditportfolio etwas zu verbergen hat oder der Verkauf bewusst torpediert wurde“, sagt auch Jochen Esser von den Grünen.

Hat vielleicht sogar der Finanzsenator selbst eine versteckte Andeutung in diese Richtung gemacht? Eine gemeinsame Presseerklärung von Sarrazin und Lone Star erschien am Montag identisch in deutscher und englischer Sprache – mit einer einzigen Abweichung. „Senator Dr. Sarrazin wies darauf hin, dass er während der vergangenen Wochen sehr eng mit dem Vorstand der Bank zusammengearbeitet habe, um die angeforderten Informationen weitgehend verfügbar zu machen“, heißt es im deutschen Text. Im englischen wird daraus „… had worked very hard with the management …“. Dies drückt ausdauerndes Bemühen aus, die Enge der Zusammenarbeit wird – anders als im Deutschen – jedoch nicht betont.

Im Senat hält sich der Unmut über den Lone-Star-Absprung in Grenzen. Ihre politische Sprengkraft hat die Bankgesellschaft längst verloren. Die Öffentlichkeit hat mittlerweile registiert, dass ein Verkauf der Bank an Amerikaner auch ein Ende der Sparkassen in Berlin bedeuten würde. Dies fürchten viele Berliner. Die politisch schwierigste Hürde hat der Senat zudem mit der umstrittenen Risikoabschirmung von 21,6 Milliarden Euro schon genommen. Heute würde schon als Erfolg gelten, könnte man mit der verbliebenen Interessentengruppe um den US-Anleger Flowers nur eine Teilübernahme der Risiken erreichen. Scheitert der Verkauf total, könnte der Senat zudem abwarten, bis eine höhere Instanz zu einem zweiten Anlauf zwingt. Die erwarteten Auflagen der EU werden für eine öffentliche Bank eine wenig profitable Beschränkung auf den den regionalen Markt enthalten. Vielleicht verordnet Brüssel sogar explizit Privatisierung.

Von der Bank möchte sich der Senat weniger aus konkretem Anlass als aus prinzipiellen Erwägungen befreien. Bei den Senatoren der nicht gerade aus privatwirtschaftlicher Tradition kommenden Parteien SPD und PDS hat sich das Bewusstsein durchgesetzt, das Land Berlin könne keinen Betrieb so gut führen wie ein Privater. Als jüngster Beleg wird dafür die Feuersoziätat genannt, wo einem schlechten Jahresergebnis durch die Landeseigentümerschaft unnötig Öffentlichkeit verliehen wurde. Auf den Punkt brachte diese Einstellung Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS): „Wenn die Bank ein Politikum bleibt, ist das eher ein Problem der Bank als der Politik.“