Angst vor der Kantine

Das Projekt „STEPS bei Ess-Störungen“ will ehemals mager- oder esssüchtige Menschen bei der Rückkehr in den Alltag helfen

Essen was der Kühlschrank hergibt und danach alles wieder erbrechen, essen, kotzen, essen, kotzen... Der Schritt raus aus der Bulimie, der Ess-Brech-Sucht, und die Rückkehr in den Alltag ist schwierig. Aber auch die, die ihre Ess-Störung in einer Klinik hinter sich gebracht haben, sind nicht außer Gefahr.

Um die kümmert sich jetzt das Projekt „STEPS bei Ess-Störungen – der zweite Schritt“. Am Samstag, 14. Dezember, stellt es sich im Rahmen eines Tages der Offenen Tür im Steps-Hauptsitz in Schwanewede vor. Die Diplom-Psychologin Monika Schwarze, die das Projekt wissenschaftlich begleitet, erklärt: „Wenn die PatientInnen aus der abgeschirmten Klinik nach Hause kommen, sind sie alleine gelassen“. Dann kommen aber neue Probleme auf sie zu: Schwierig sei etwa, mit den KollegInnen gemeinsam in die Kantine zu gehen, weiß Schwarze. „Das Essen ist für Betroffene oft mit Angst verbunden. Um so schlimmer ist es dann, wenn andere dabei sind“, erklärt die Psychologin. „Auch wenn sie einen Rückfall haben, was bei vielen vorkommt, ist es wichtig, dass sie nicht allein sind.“

Die Nachsorge für ehemals ess- oder magersüchtige Menschen – 90 Prozent der Betroffenen sind Frauen – besteht bei Steps zum einen aus einem wöchentlichen Gruppentreffen mit höchstens acht bis zehn Betroffenen, zum anderen aus Angeboten, die den KlientInnen helfen, wieder ein positives Körpergefühl zu entwickeln: Dazu kann therapeutisches Reiten ebenso gehören wie Mal-Angebote. Entspannungstechniken vermitteln Kompetenzen, was die PatientInnen tun können, wenn der Stress groß wird, den sie früher mit Essen kompensiert haben.

In der Gruppe, die sich in Bremen trifft, erzählen die Frauen vor allem von ihren Schwierigkeiten im Alltag und unterstützen sich gegenseitig. Wie in einer Art Hausaufgabe versuchen sie von Woche zu Woche, neue Verhaltensmuster auszuprobieren. Die Zusatzangebote kann man nur in Schwanewede wahrnehmen. Dort stehen acht Pferde für das therapeutische Reiten zur Verfügung. Für Gruppe und Zusatzangebote müssen die TeilnehmerInnen 25 Euro pro Monat bezahlen, Steps verhandelt derzeit mit Krankenkassen über die Kostenübernahme.

Nach vorsichtigen Schätzungen von Margrit Hasselmann, die bei der Suchtprävention Bremen arbeitet und sich im „Arbeitskreis Ess-Störungen“ engagiert, gibt es in Bremen rund 4.500 Mädchen und junge Frauen, die magersüchtig, bulimisch oder esssüchtig sind. „Und es werden immer mehr. Uns wächst die Arbeit über den Kopf“, sagt sie. In Bremen gebe es keine Beratungsstelle für Menschen mit Ess-Störungen. Derzeit seien das Mädchenhaus und ihre Institution die Hauptanlaufstellen. ube

Tag der offenen Tür bei STEPS in Schwanewede, Hauptstraße 1, von 11 bis 18 Uhr. Ess-Störungs-Beratung im Internet unter www.schlaraffenland-bremen.de.