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Kommentar„Sich wehren wie die Münchner“

Ein Fall von Staats-Vandalismus

Manfred Sack, Jahrgang 1928, hat lange für die Wochenzeitschrift „Die Zeit“ gearbeitet. Er schrieb über Architektur, Städtebau und Musik. Als Architekturkritiker erhielt er zahlreiche Preise. Er nimmt Stellung zum geplanten Umbau der Stadthalle, der wenig respektvoll mit der hochgelobten Architektur umgeht.

Man braucht sich nur vorzustellen, der Bremer Senat ließe sein berühmtes Rathaus, um mehr „Event“ darin zu machen, um zwei Geschosse aufstocken und mit einem Pultdach decken. Oder die Kirche erdreistete sich, ihren Dom zu halbieren, um ihren weniger werdenden Gläubigen mehr Intimität zu bieten. Unvorstellbar? Natürlich. Nur bei Bauwerken des vorigen Jahrhunderts gebärden sich die Bundesländer wie Staatsvandalen: Berlin ließ das populäre „Ahornblatt“ mit dem eleganten Schalendach beseitigen, der Freistaat Bayern eines der charaktervollsten (hier seltenen) Zeugnisse der klassischen Moderne (von den Brüdern Luckhardt), nur weil sie ihnen nicht mehr in den Kram passten. Obwohl jeder Privatmensch sofort vor den Kadi gezerrt würde, wenn er an seinem als Baudenkmal eingetragenen Haus irgend etwas ändern würde.

Was für Berlin die Philharmonie, für Sydney die Oper, für Paris der Eiffelturm – das ist für Bremen nun einmal die schwungvolle, gescheit erfundene, ungemein intelligente Architekturkonstruktion der Stadthalle von Roland Rainer, einem der menschenfreundlichsten österreichischen Architekten von enormem Ruf.

Man muss sich immer wieder über Unbildung und Kleingeist wundern, mit denen Politiker und Kaufleute über architektonische Werke namentlich der Zeitgeschichte herfallen und nicht bemerken, dass sie damit Schande über ihre Sadt bringen. Offenbar betäubt von der Spekulation mit mehr Masse und Geld, haben sie für ihre Absicht nicht einmal, so wie es sich gehörte, den Architekten ihrer großartigen, noch ungeschützten, Stadthalle konsultiert, sondern ausgerechnet denjenigen mit ihrer Entstellung beauftragt, der ihr mit seinem Nachbarbau schon einen postmodernen Tort angetan hat.

Bleibt zu hoffen, dass die Bremer Bürger ebenso entschieden dagegen protestieren wie die Münchner, als ihrem weltberühmten Olympiastadion die gleiche Verunstaltung drohte. Die Münchner haben damit gewonnen!

Manfred Sack

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