Karrieren-Scheide

Quereinsteiger prägen die Bremer CDU, viele Karrieren aus den eigenen Reihen enden heute. Bei der SPD haben Seiteneinsteiger keine Chance

SPD und CDU werden an diesem Wochenende ihr Personalkarussell drehen. Da werden Weichen für Abstürze und Karrieren gestellt. Reinhard Metz, glückloser Fraktionsvorsitzender und zuletzt als „Staatsrat de Luxe“ in der politischen Versenkung verschwunden, wird nicht mehr auftauchen auf der neuen Bürgerschaftsliste. Offen ist die Frage bei Elisabeth Motschmann, die 1999 trotz fehlender Verwaltungserfahrung zur Kultur-Staatsrätin gemacht wurde. Es gibt eigentlich keinen Grund, warum sie dieses Amt weiter bekleiden sollte. Sie scheint das zu ahnen und möchte – wie die Wirtschafts-Staatsrätin Sybille Winther – vorsichtshalber auf der Bürgerschaftsliste abgesichert werden.

Die drei Personalien verweisen darauf, dass die Bremer CDU mit ihrem „eigenen“ Personal wenig Glück hat. Ihre drei Senatoren sind alle „Seiteneinsteiger“ für die Partei: Kuno Böse und Hartmut Perschau wurden von auswärts geholt, Josef Hattig aus der Wirtschaft. Und „eigene“ Leute, die in der Bremer CDU etwas zu sagen haben und einen der drei Repräsentanten herausfordern könnten, sind nicht in Sicht. Ausgerechnet in der Wirtschaft sieht es so mau aus, dass sich der alte Hattig noch einmal auf die Liste setzen lassen muss, damit die CDU mit erhobenem Haupt in den Wahlkampf ziehen kann. Dass Hattig wieder Senator wird, ist derweil fast genauso unwahrscheinlich wie die Vorstellung, der alte „Zack-zack“ könnte brav seinen Sitz im Landesparlament drücken und Fensterreden halten.

Bei der SPD sieht es mit den Seiteneinsteigern gerade umgekehrt aus: Sie haben keine Chance. Vor acht Jahren präsentierte die Partei den Typus „Seiteneinsteiger“ stolz als Erfolgsmodell: Ohne Stallgeruch und ohne den Segen der Ortsvereine konnten Peter Sörgel, der erfolgreiche Stahlwerke-Betriebsrat, und die ÖTV-Vorsitzende Gisela Hülsbergen ins Parlament einziehen. Nach vier Jahren schieden sie sang- und klanglos wieder aus. Keiner der Ortsvereine wollte sie aufstellen. Auch Senatorinnen, die die Bremer SPD von auswärts „holte“, zogen sich nach der Wahl aus der Politik zurück.

Vor vier Jahren präsentierte Henning Scherf stolz den parteilosen Unternehmer Andreas Kottisch als „Seiteneinsteiger“. Der hätte in seinem Wohnbezirk in Schwachhausen keine Chance gehabt, von einem Ortsverein aufgestellt zu werden. Zum Glück hatte Kottisch Eltern aus Oslebshausen und die Oslebshauser SPD-Genossen adoptierten den Schwachhauser Kottisch zu „ihrem“ Vertreter. Kottisch hatte damals zugesichert, er wolle nach einer Schamfrist von zwei Jahren in die SPD eintreten. Vor zwei Wochen musste er in der Mandatskommission die hochnotpeinliche Frage über sich ergehen lassen, warum er das nicht getan habe.

Auf Platz zwölf der Landesliste wird er also nicht mehr landen. Ihm wird zudem nachgetragen, dass seine parlamentarische Arbeit – Wirtschaftsförderung im IT-Bereich – zu nah an den beruflichen Interessen seiner EDV-Firma lägen. Bis heute hat im Ortsverein Oslebshausen aber kein SPD-Mitglied den Anspruch erhoben, „seine“ SPD in der Bürgerschaft zu repräsentieren. Kottisch wurde einstimmig wieder nominiert – hat also Glück gehabt mit dem Wohnort seiner Eltern. K.W.