berliner szenen Call me Manne

Krug tut gut

Wie kann man nur, gesetzt den Fall, man habe Besuch aus Übersee, diesem Besuch Manfred Krug erklären? „That’s a german actor, you know, originally from the East, he actually looks a bit like a secretary or a teacher, but that’s kind of his appeal … You may call him Manne.“ Oder so.

Manne stand am Donnerstag auf der Bühne des Kammermusiksaals in der Philharmonie, in gestreiftem Hemd und einer Krawatte wie vom Sams ausgesucht, das Mikrofon in beiden Fäusten, und sang bodenlos vor sich hin. Und verstrahlte dabei wieder mal genau diesen merkwürdig-jovialen Charme, der es einem fast unmöglich macht, ihn unmöglich zu finden. Obwohl man normalerweise jeden „Jazz-Vokalisten“, der erstens so hölzern presst und zweitens so schlechtes Englisch singt und drittens für so bekloppte Produkte Werbung macht (ganz zu schweigen von den Serien, in denen er onkelhaft herumermittelt), hassen müsste. Manne nicht.

Er singt Duett-Gassenhauer wie „It’s cold outside“ mit „meiner dünnen Tochter Fanny“, einem wahrhaftigen Strichmännchen von Krug-Offspring, wobei die beiden sich stets gefährlich nahe am ZDF-Gala-Niveau bewegen. Alleine singt er das „Kermit-der-Frosch“-Lied („Es ist nicht leicht, grün zu sein“) und liest zwei so zuckersüße wie oberbauernschlaue Geschichten aus seinem Geschichtenbuch vor, die eine handelt von seinen schauspielerischen Gehversuchen: von der ersten Rolle als Kuckuck in einer überdimensionalen Kuckucksuhr. Manne macht das ganze Publikum zu alten Stammtischfreunden. Und nach dem Konzert sitzt er im Kreis seiner echten alten Stammtischfreunde im Backstagebereich des Saals und schaut mit den großen Augen unter der Glatze umher. Einer von uns, quasi. JENNI ZYLKA