Langweilige Liste

Die SPD verordnet sich vor der Bürgerschaftswahl keine Frischzellenkur: Neue Gesichter gibt es kaum, der Nachwuchs muss sich hinten anstellen

Am Ende ging alles glatt über die Bühne: Mit 13:0 Stimmen verabschiedete die Mandatskommission des SPD-Unterbezirks Stadt ihren „Listenvorschlag“ für die Bürgerschaftswahl im Mai 2003. Zwei Tage lang hatte das mächtige, streng nach Regionalproporz zusammengestellte Gremium unter der Leitung des Ex-Finanzsenators Manfred Fluß getagt und den Personalvorschlag ausgekungelt. Jeder sechste Platz auf der Liste wurde für die Genossen aus Bremen-Nord freigehalten, darunter SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen – im Februar wird ein Parteitag die beiden Unterbezirkslisten verschmelzen.

Da die SPD-Fraktion vor der letzten Bürgerschaftswahl 1999 „radikal verjüngt“ worden sei, habe es dieses Mal „sehr wenig Spielraum für neue Kandidaten gegeben“, sagte Fluß. Auf den ersten dreißig von insgesamt 46 Listenplätzen (ohne Bremen-Nord), auf denen man laut Kommission „einigermaßen sicher“ ins Parlament einzieht, wurden nur fünf Kandidaten unter 40 Jahren platziert. Die bisherige Fraktion habe eben „gute Arbeit geleistet“, erklärte Fluß den weitgehenden Verzicht auf neue Gesichter, da habe man „keine Abstrafungssignale senden“ wollen.

Angeführt wird die Liste selbstredend von Henning Scherf, direkt dahinter folgen die aufstrebende Sozialsenatorin Karin Röpke und Bildungssenator Willi Lemke, der sich als potenzieller Nachfolger des Bürgermeisters warmlaufen darf. Bausenatorin Christine Wischer, bei der letzten Wahl noch die Nummer zwei hinter Scherf, musste sich mit Rang vier zufrieden geben: „Uns war klar, dass die Zukunft mehr gesehen wird als die Vergangenheit“, kommentierte Fluß die Entscheidung trocken.

Auch Parlamentspräsident Christian Weber verschlechterte sein Position: Rangierte er 1999 noch stolz auf Rang drei, fiel er jetzt auf Platz sechs zurück. Überholt wurde Weber vom Unterbezirksvorsitzenden Stadt, Wolfgang Grotheer, der erstmals für die Bürgerschaft kandidiert. Dämpfer gab es für die jungen Mitglieder der Fraktion: Der wissenschaftspolitische Experte Mario Domann-Käse, vor vier Jahren als Hoffnungsträger der SPD gehandelt, schaffte es nur auf den wackeligen Rang 27. Ein „etwas schwieriger Fall“ sei auch Juso-Landeschef Thomas Ehmke gewesen – der 24-jährige Student bekam lediglich Rang 30.

In der Gunst der Genossen gesunken ist offenbar die DGB-Kreisvorsitzende Helga Ziegert, die auf der Liste für Bremen-Stadt nur noch Position 22 bekleidet. „Bei den Gewerkschaften lag die Präferenz eindeutig bei Wolfgang Jägers“, plauderte Fluß aus dem Nähkästchen des Proporz-Gerangels – IG-Bau-Mann Jägers kam auf Rang 12. „Sicher nicht so zufrieden sein“ mit Platz 28 werde Joachim Schuster, sagte der Chef der Mandatskommission. Schusters Problem: Mit den Promis Röpke und Weber drängelt er sich auf dem Ticket des kleinen Stadtteils Hastedt.

Neu auf der Liste stehen Björn Tschöpe (Rang 23) und Klaus Dieter Rathjen (Rang 24). Tschöpe, ein junger Rechtswanwalt aus Horn, könnte Nachfolger des aus der Bürgerschaft ausscheidenden Horst Isola als rechtspolitischer Sprecher werden. Rathjen ist Umweltbeauftragter bei Astrium und verdrängte die ebenfalls aus Woltmershausen kommende Abgeordnete Edith Wangenheim auf den aussichtslosen Platz 37.

Heftige Diskussionen habe es innerhalb der Mandatskommission um den Abgeordneten Andreas Kottisch gegeben, berichtete Fluß. Der selbständige Kaufmann, den Henning Scherf 1999 für die Mitarbeit in der SPD-Fraktion hatte gewinnen können, weigerte sich standhaft, in die SPD einzutreten. Doch weil ihn der Ortsverein Oslebshausen mit großer Mehrheit aufgestellt habe und es schwer sei, Selbständige für’s Parlament zu gewinnen, habe man noch einmal ein Auge zugedrückt. Markus Jox