Ihr Sünderlein, kommet

Eine niedrigere Zinssteuer soll Steuersünder zur reuigen Überweisung ihres Kapitals aus dem Ausland bewegen sowie Debatte um Vermögensteuer beenden. SPD und Grüne beraten heute

BERLIN taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder will neue Regeln für die Besteuerung von Kapitaleinkünften und großen Vermögen durchsetzen. Die angepeilte Abgeltungsteuer von möglicherweise 25 Prozent würde Wohlhabenden einen Vorteil verschaffen. Der niedrige Satz soll Steuersünder dazu bewegen, ihr im Ausland verstecktes Geld auf deutsche Konten zu überweisen, damit der Bundesfinanzminister und seine Länderkollegen mehr Geld einnehmen. Während starke Kräfte in der SPD skeptisch sind, signalisiert die grüne Finanzexpertin Christine Scheel Zustimmung. Auch die Union signalisierte ihre grundsätzliche Unterstützung.

Mit dem Weihnachtsgeschenk an Vermögende versucht Schröder, die Debatte um die seiner Meinung nach falsche Vermögensteuer zu beenden und die Initiative in der Steuerdiskussion zurückzugewinnen. SPD-Ministerpräsidenten wie Sigmar Gabriel hatten im Hinblick auf die Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen Anfang Februar 2003 einen stärkeren Beitrag der Gutverdienenden zur Finanzierung des Gemeinwesens gefordert. Der Kanzler macht den Ministerpräsidenten nun ein Angebot, das sie schlecht ablehnen können. Gabriel bezeichnete Schröders Vorschlag gestern als „unglaublich mutigen Schritt“. Heute beraten SPD und Grüne.

Vermögen würde nach wie vor nicht besteuert. Die Abgeltungsteuer würde erhoben auf Gewinne aus Bankzinsen, Dividenden und andere Kapitaleinkünfte. Die Banken müssten die Steuer automatisch an die Finanzämter überweisen, ohne dass die Konteninhaber sie in ihrer Steuererklärung ausweisen. Dies stellt aus Sicht des Staates eine Verbesserung da, weil viele Zinsgewinne heute nicht erklärt und damit hinterzogen werden. Die eigentliche Steuer fällt freilich geringer aus als heute: Wohlhabende müssen zurzeit noch bis zu 48,5 Prozent auf ihre Gewinne zahlen. Für Normalverdiener würde die Regelung keine Nachteile bringen.

Gabriel rechnet mit einmaligen Zusatzeinnahmen von bis zu 25 Milliarden Euro, wenn Fluchtkapital nach Deutschland zurückkehrt. Diese Summen will Gabriel in eine Bildungsstiftung investiert sehen. HANNES KOCH

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