Mitarbeiter freisetzen

Zuwanderungsgesetz sieht für mehr Menschen Sprachkurse vor. Der Gesamtetat bleibt aber gleich: Hamburger Träger fürchten um Stellen

Das neue Zuwanderungsgesetz ist noch gar nicht in Kraft und fordert schon erste Opfer: Die Euro-Schulen Hamburg entlassen Ende Januar fünf KollegInnen in die Arbeitslosigkeit, deren Verträge auslaufen. Der Betriebsratsvorsitzende Burkhard Soeder fürchtet, dass es zu weiteren Kündigungen unter den momentan 21 fest angestellten KollegInnen kommen wird, „und wir am Ende nur noch mit freien Mitarbeitern arbeiten“. Der Grund: Das Zuwanderungsgesetz nimmt den Anbietern von Sprachkursen jede Planungssicherheit.

Bisher bekommen Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler beim Arbeitsamt Anträge für Deutschkurse. Damit melden sie sich bei der Euro-Schule oder einem anderen Träger an und beginnen im darauf folgenden Monat ihren Deutschkurs. Der geht dann in der Regel über sechs Monate, mit 40 Unterrichtsstunden pro Woche. Die Kursanbieter erhalten pro Unterrichtsstunde und Teilnehmer 2,76 Euro. Darin enthalten ist auch eine sozialpädagogische Betreuung: Pro 75 Teilnehmern gibt es einen Sozialpädagogen, der beispielsweise bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen und der Übersetzung wichtiger Dokumente hilft.

Das neue Gesetz hat nun den Kreis derer, die Anspruch auf einen Deutschkurs haben, erweitert. Künftig sollen alle Ausländer mit einem dauerhaften Aufenthaltsstatus sowie alle Spätaussiedler einen Kurs bekommen. Weil das Geld aber nicht mehr wird, sind die Kurse kürzer: Gab es vorher etwa 900 Stunden Deutsch, werden es künftig maximal 600 sein – ein 300-stündiger Grundkurs wird vom Bund, ein eventueller Aufbaukurs vom Land finanziert. Sozialpädagogische Betreuung gibt es nicht mehr, und die Träger erhalten pro Stunde nur noch 2,05 Euro.

Amadeus Hempel, Geschäftsführer des Vereins Interkulturelle Bildung Hamburg, kritisiert, dass das bisher differenzierte System, dass jugendlichen Migranten beispielsweise mehr Unterricht zugestand, nun durch ein Einheitssystem ersetzt wird. „Wenn das Gesetz kommt, muss ich alle acht Sozialpädagogen entlassen.“ Bundesweit, so schätzen die Träger, werden etwa 1000 Sozialpädagogen arbeitslos.

Und während das Arbeitsamt mit den Trägern vorher Abkommen über feste Kurse hatte, regiert nun der freie Wettbewerb. Die Träger wissen nicht mehr im Voraus, wie viele Teilnehmer kommen, können also kein festes Personal mehr vorhalten. Langfristig wird es darauf hi- nauslaufen, dass aus festen freie Mitarbeiter werden.

Allerdings ist noch völlig unklar, ob das Zuwanderungsgesetz wie geplant am 1. Januar 2003 in Kraft tritt oder ob das Bundesverfassungsgericht es morgen wegen der umstrittenen Abstimmung im Bundesrat kippt.

Sandra Wilsdorf