Merkel kontert fröhlichen Herzens

Die neue Oppositionsführerin lässt ihren Vorgänger Friedrich Merz spüren, dass sie nun das Sagen in Partei und Fraktion hat. Statt auf „Schreikraft“ setzt sie auf „andere Methoden“, um den Fraktionsvize für seine Kritik vom Wochenende abzustrafen

aus Berlin PATRIK SCHWARZ

Angela Merkel hat den Streit mit Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz gestern für beendet erklärt – zu ihren Bedingungen. Ihr Vorgänger im Vorsitz der CDU/CSU-Fraktion hatte am Wochenende in einem Zeitungsinterview bittere Klage geführt über Ziel und Stil von Merkel, die ihn noch am Wahlabend aus dem Amt gedrängt habe. „Weil ich Frau Merkel in solchen Situationen mittlerweile kenne“, so Merz, habe ihn ihr Vorgehen im Verbund mit CSU-Chef Edmund Stoiber allerdings „auch nicht wirklich überrascht“. In der Partei war der Satz als Generalmisstrauenserklärung gegen den Charakter der Partei- und Fraktionschefin verstanden worden.

Im Tonfall blieb eine gut gelaunte, auf sichtbare Souveränität zielende Merkel gestern maßvoll, trotzdem unterzog sie Merz einer Serie von schmerzhaften Vergeltungsmaßnahmen. Zunächst machte sie sein Interview zum Thema auf den drei zentralen Terminen des gestrigen Tages: der CDU-Präsidiumssitzung, der anschließenden Vorstandssitzung sowie der live übertragenen Pressekonferenz im Adenauer-Haus. „Wir haben in großer Ruhe, aber auch in großer Klarheit gesagt, dass dieses Interview nicht hilfreich war“, fasste die Vorsitzende den Tenor der Parteirunden zusammen. Widerworte des Gescholtenen wurden nicht öffentlich. Merz habe ihr in einem Telefonat am Wochenende zugesichert, „dass weitere Interviews dieser Art nicht folgen werden“. Man wolle nun „der Zukunft ins Auge blicken“.

An „Schreikraft“ könne sie es mit Männern nicht aufnehmen, erzählte die CDU-Chefin vor kurzem, „dafür muss man als Frau andere Methoden finden. Die lassen sich auch finden.“ Im nächsten Schritt gegen Merz markierte Merkel seinen jüngsten politischen Vorstoß als Abweichung von der Parteilinie. Der Fraktionsvize hatte CDU-Mitglieder aufgefordert, in christliche Arbeitnehmervertretungen zu wechseln, da der DGB offene Unterstützung von Rot-Grün betreibe. Merkel verkündete dagegen als Ergebnis der Sitzungen „ein klares Bekenntnis zu den Gewerkschaften“ – eine erneute Niederlage für Merz.

Für den Mann, der vor kurzem noch als Gegenüber von Wirtschafts- und Arbeitsminister Clement (SPD) den Ehrentitel eines „Super-Fraktionsvizes“ angeheftet bekam, dürfte die dritte Schlappe des gestrigen Tages die persönlichste gewesen sein. Ob Merz der geplanten CDU-Rentenkommission angehören werde, wurde Merkel gefragt, schließlich habe er dezidierte Meinungen zu den sozialen Sicherungssystemen. Darüber sei noch nicht entschieden, befand die CDU-Chefin. „Wir haben ja eine Vielzahl von Menschen, die dezidierte Meinungen zu den sozialen Sicherungssystemen haben, und wir können nicht alle in die Kommission nehmen.“ Merkels Bilanz der Auseinandersetzung fiel positiv aus: „Ich kann fröhlichen Herzens meinen Aufgaben nachgehen und dafür sorgen, dass andere das auch tun.“