Rot-Rot brennt der Müll durch

Senat sieht – mit PDS-Mann Wolf – eine größere Müllverbrennungsanlage als Option an. Strieder: „Mich interessieren nicht nur ökologische Kriterien“. Die PDS-Fraktion aber lehnt einen Ausbau ab

von STEFAN ALBERTI

SPD und PDS steuern in ihrer Abfallpolitik im Abgeordnetenhaus auf einen Streit zu. Nach einem gestrigen Senatsbeschluss ist ein Ausbau der Müllverbrennungsanlage in Ruhleben keineswegs vom Tisch, sondern weiterhin möglich. Das entspricht zwar dem Votum der SPD-Fraktion, konterkariert aber die Position der PDS-Abgeordneten: Die haben sich einstimmig gegen eine Erweiterung ausgesprochen. Die Entscheidung, ob Ruhleben ausgebaut oder Berliner Restmüll außerhalb des Landes verbrannt wird, soll 2003 nach einem Kostenvergleich fallen. „Mich interessieren nicht nur ökologische Kriterien“, sagte der zuständige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD).

Mit seinem Beschluss modifizierte der Senat das von den Stadtreinigungsbetrieben (BSR) vorgelegte umstrittene Konzept zur Zukunft des Berliner Mülls ab 2005, das einen Ausbau der Verbrennungsanlage definitiv vorsah.

Wegen einer Bundesverordnung – kein Müll mehr unbehandelt auf die Deponie – lässt sich ab 2005 nicht wie bisher der Müll je zur Hälfte in Ruhleben verbrennen und auf der Deponie ablagern. Die BSR wollte deshalb rund 50 Prozent mehr Müll in Ruhleben verbrennen, das verbleibende Viertel in einer noch zu bauenden Vergärungsanlage loswerden und einen Rest, quasi als Puffer, exportieren. Den letzten beiden Punkten schloss sich der Senat gestern an.

Gegen die Ausbaupläne der BSR hatte sich nicht nur die PDS-Fraktion ausgesprochen, sondern auch alle drei Oppositionsparteien und der umweltpolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Daniel Buchholz, der in seiner Fraktion damit aber letzlich allein stand. Anlieger, Initiativen und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hatten sich ebenfalls darüber empört.

Den Senat aber brachte das nicht zu einem definitiven „Nein“ zum Ausbau. Das eindeutige, ablehnende Votum der PDS-Fraktion wertete Strieder, auch SPD-Landeschef, gestern als „politischen Wunsch“. Kritik vor allem seitens der Grünen und des BUND tat er als konzeptionslos ab. Strieder gab zwar an, dass er einen Ausbau der Verbrennungsanlage nicht bevorzuge – „meine erste Option ist das nicht“. Dennoch müsse man sich mit der Frage befassen, wenn sich diese Variante als die günstigste herausstellen sollte. Ihn interessiere auch, was die Bürger für die Müllentsorgung zu zahlen hätten. „Deswegen mache ich mein Votum im Senat auch von den Kosten abhängig.“

Strieders Position unterstützte auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). Der sehe die Sache „schon ein bisschen anders“ als die PDS-Fraktion, sagte sein Sprecher Christoph Lang. Wolf wolle alle Optionen ausloten: Erst wenn alle Zahlen auf dem Tisch lägen, könne man abwägen, ob ein Ausbau von Ruhleben nicht günstiger sei.

Die grüne Umweltexpertin Felicitas Kubala nannte die Senatsentscheidung einen „abfallpolitischen Offenbarungseid“. Berlin habe ohne Not die Chance auf eine innovative und ökologische Abfallpolitik verschenkt.