Ver.di legt Flüge lahm

Mit Warnstreiks auf den Airports und im öffentlichen Nahverkehr stimmt sich die Dienstleistungsgewerkschaft auf die heutige Tarifrunde ein

aus Frankfurt HEIDE PLATEN

Die Schlangen waren lang gestern Früh in den Abflughallen des Frankfurter Flughafens, das Chaos kurz, aber komplett. Von genau 8.30 bis 9.00 Uhr ging gar nichts mehr: die Rollbahnen gesperrt, kein Start, keine Landung. Die Flughafenfeuerwehr hatte die Arbeit niedergelegt und war stattdessen samt Gerät zur Demonstration auf dem Gelände gefahren. Viele Flieger standen auf dem Rollfeld, weil sie nicht be- und entladen werden konnten. Eine Stunde später war alles schon wieder vorbei. Flug-, Gepäckabfertigungs- und Sicherheitspersonal, insgesamt rund 2.000 Gewerkschafter, nahmen den Dienst wieder auf.

Dennoch nannte die Lufthansa die Lage „katastrophal“ und sprach von einem „schwarzen Tag“. Sie fürchtet einen Millionenschaden. Vor den Schaltern der größten deutschen Fluggesellschaft drängten sich Passagiere und stapelte sich das Gepäck.

Schon zum Beginn des Warnstreiks der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di stand fest, dass 163 Flüge – vor allem im Inland – ausfallen mussten. Gegen Mittag summierte sich die Zahl, ähnlich wie in München, auf rund 300. Auch auf den Airports in Düsseldorf, Stuttgart, Hannover und Hamburg kam es wegen Streikaktionen zu Flugausfällen und erheblichen Verspätungen. Die Lufthansa prognostizierte einen Millionenschaden. Sie fühlte sich „als völlig unbeteiligtes Unternehmen“ zu Unrecht in den Tarifkonflikt mit dem öffentlichen Dienst hineingezogen, der sich gegen den Flughafenbetreiber Fraport richtet, der teils noch im Staatsbesitz ist.

Die Passagiere trugen die Verspätungen gelassener als die Fluggesellschaften. Inlandspassagiere konnten ihre Tickets ohne Umschreibung für die Bahn benutzen. Außerdem seien Wartezeiten, so ein Weihnachtsurlauber auf dem Weg nach Südafrika, schließlich auch sonst nicht so selten. Im letzten Jahr habe er „ganz ohne Streik auch geschlagene fünf Stunden auf den Koffern herumgesessen“. Andere allerdings reagierten sauer, weil ihr Feiertagsurlaub nicht kurzfristig umbuchbar und damit geplatzt war: „Mir stinkt’s!“

Außer dem Flugverkehr stand gestern Morgen in vielen Städten der öffentliche Nahverkehr still, auch blieben die Mülltonnen ungeleert. Betroffen waren vor allem die großen Städte in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hamburg und Bremen. In Lübeck und Chemnitz traten Bus- und Bahnfahrer in den Ausstand. Das erwartete Verkehrschaos allerdings blieb aus. Viele Reisende und Pendler hatten sich vorab auf den Streik eingestellt. In Hamburg demonstrierten 300 Angestellte und Arbeiter der Polizei. In München blieben ein Viertel der Kindertagesstätten geschlossen, und rund 700 Beschäftigte der Krankenhäuser ließen die Arbeit ruhen.

Die zweite Runde der Tarifverhandlungen beginnt heute in Kassel. Die Gewerkschaft fordert für die bundesweit rund drei Millionen Beschäftigten eine mindestens dreiprozentige Einkommenserhöhung, die Arbeitgeber wollen eine Nullrunde durchsetzen.