Der Retter kommt immer im BMW

Auch wenn Bond keinen BMW mehr fährt: Die bayerischen Automobilhersteller setzen weiterhin auf Action, um ihre Sportkarossen zu präsentieren – sogar im Internet

Der ideale BMW-Fahrer: Immer im Auftrag des Weltfriedens unterwegs

Vor einem Jahr startete unter großem PR-Getöse die erste Staffel von „The Hire“: fünf Kurzfilme, in Auftrag gegeben von BMW USA, in denen berühmte Regisseure berühmte Darsteller in schnittigen Sportwagen durchs Bild fahren lassen. Zwar sind die Filme unter www.bmwfilms.com ausschließlich im Internet zu sehen, aber das Kalkül ist dasselbe, das schon James Bond im BMW auf Verbrecherjagd geschickt hat: Der Leinwand-(bzw. Computerbildschirm-)Glamour soll auf die Bayerischen Motorenwerke abfärben. Jetzt ist die zweite Staffel der Autowerbespots mit Hollywood-Ambitionen ins Netz gestellt worden.

Setzte man für die Regisseure der ersten Staffel noch auf eine Mischung aus Arthouse und Actionkino (verpflichtet wurden neben John Frankenheimer, Ang Lee und Guy Ritchie auch Alejandro González Iñarritu und Wong Kar-Wai), so sind die Filme der zweiten Folge deutlich adrenalinlastiger geworden. Joe Carnahan inszeniert in „Ticker“ eine Verfolgungsjagd zwischen einem BMW und einem Militärhubschrauber, in „Hostage“ von John Woo rettet der Fahrer in letzter Sekunde ein Entführungsopfer vor dem Ertrinken, und Tony Scott lässt ihn in „Beat the Devil“ ein Wettrennen gegen den Teufel antreten – und natürlich gewinnen.

Neben der Automarke sind alle Filme durch den Mann hinter dem Steuer miteinander verbunden: Clive Owen („Gosford Park“, „Croupier“) spielt den namenlosen Fahrer als unbeirrbaren und lakonischen Helden der Gangschaltung, den weder Dauerbeschuss aus Maschinengewehren noch hysterische Fahrgäste aus der Ruhe bringen können. So sieht er also aus, der ideale BMW-Fahrer: immer im Auftrag des Weltfriedens unterwegs, ob in Bürgerkriegssituationen, im Kampf gegen internationale Verbrecherbanden oder den Leibhaftigen persönlich. Der wird in „Beat the Devil“ von Gary Oldman als bizarre Mischung aus Mick Jagger und Eier schälendem Robert De Niro gegeben. Ohnehin scheint das Casting für die Kurzfilme darauf angelegt, möglichst kuriose Kurzauftritte in möglichst großer Zahl einzubauen: Warum sonst könnte man James Brown im gleichen Film wie Marilyn Manson auftreten lassen?

„Advertainment“, Unterhaltung zu Reklamezwecken, nennt sich das neue Genre. Man könnte es auch auf die sokratische Formel bringen: Das Schöne ist das Nützliche. Im – muss man bereits sagen: guten, alten? – „Product Placement“ ging es noch darum, überteuerte Produkte wie beiläufig ins Filmbild zu rücken. Alles um ihn herum stürzt ein, aber der Held nimmt sich noch die Zeit, einen Blick auf seine Luxusuhr zu werfen, inklusive Großaufnahme auf den Markennamen. „Advertainment“ dreht das Verhältnis glatt um, die wechselnden Gesichter der Stars sind zu Ornamenten geworden für ein immer gleiches Produkt. Darin liegt der eigentliche Witz der Häufung von Starpower im Sekundentakt: als hätten sie alle darum gebettelt, bei dieser Produktion dabei sein zu dürfen, um auch ein bisschen vom Glamour abzubekommen, der nicht mehr vom Star auf die Dinge übergeht, sondern umgekehrt.

Die filmische Federführung für die Gesamtproduktion übernommen hat die Produktionsfirma „Anonymous Content“, gegründet von David Fincher. Der hat sich lange vor seinen konsumkritischen Ausfällen in „Fight Club“ als Regisseur vonVideoclips und Werbespots einen Namen gemacht und ist unter anderem im Auftrag von Nike („Instant Karma“), Levis und Coca-Cola hinter der Kamera gestanden. Der Internetauftritt www.bmwfilms.com gibt sich denn auch alle Mühe, nicht danach auszusehen, was es eigentlich ist: geschickt aufgeblasenes Marketing. Wie auf jeder besseren DVD findet man neben den Filmen und Trailern alles Mögliche an Zusatzmaterialien, Making-ofs und Regiekommentaren. Trotzdem bleibt der Eindruck: was für eine grandiose Energieverschwendung für ein paar Werbespots.

Und die Konkurrenz schläft nicht: DaimlerChrysler hat eben die zweite Runde seines „Chrysler Million Dollar Film Festival“ eingeläutet, eines Wettbewerbs für Jungregisseure, dessen Preis in der Produktion eines abendfüllenden Spielfilms besteht. Und für den neuen Bond-Streifen „Stirb an einem anderen Tag“ hat Ford den Zuschlag bekommen. Deshalb fährt der britische Superagent, wertkonservativ ist er ja, wie vor zwanzig Jahren wieder Aston Martin.

DIETMAR KAMMERER