Kongo wartet auf Milliardenhilfen

Nach der Einigung zwischen Kongos Regierung und Rebellen dürften die von der Weltbank zugesagten Gelder sprudeln. Aber nicht alle Geber trauen dem Frieden

BRÜSSEL taz ■ Auf dem Papier mangelt es nicht an Mitteln, die Demokratische Republik Kongo nach dem Friedensschluss von Pretoria wieder aufzubauen. Die Weltbank kündigte nach einem Gebertreffen in Paris am 4. und 5. Dezember Geldzusagen von 2,5 Milliarden Dollar an. Ab 2003 wird der Kongo außerdem in den Genuss der HIPC-Initiative der Weltbank zur Entschuldung besonders armer Länder kommen. Dies bedeutet eine Umschuldung von 8,98 Milliarden der insgesamt 13,9 Milliarden Dollar Auslandsschulden des Kongo und die Streichung des Restes. Die Weltbank soll einen Fonds einrichten, der dem Kongo kurzfristige Zinszahlungen ermöglicht. Dazu wird die EU zunächst 20 Millionen Dollar beitragen. Die Weltbank zeigte sich „beeindruckt“ von den bisherigen Wirtschaftsreformen der Regierung von Präsident Joseph Kabila und verwies darauf, dass die Inflationsrate auf 3 Prozent gedrückt und der Verfall der Landeswährung gestoppt worden ist.

Andere Geber sind jedoch skeptischer, und dies hat dazu geführt, dass die Milliardenversprechen nicht mit verbindlichen Terminen versehen worden sind. So hat die EU-Kommission 203 Millionen Euro Wiederaufbauhilfe für den Kongo für den Zeitraum 2003–07 in Aussicht gestellt, aber zugleich betont sie, dass die Geber erst noch mit der zu bildenden Regierung der Nationalen Einheit über mittel- und langfristige Entwicklungspläne reden sollten. Großbritannien macht seine Entwicklungshilfe für den Kongo davon abhängig, dass die jetzt vereinbarte Allparteienregierung ihre Ämter aufgenommen hat.

In Südafrikas Hauptstadt Pretoria hatten sich die bisherige Regierung, die Rebellen und die Opposition des Kongo am Dienstag auf eine Allparteienregierung geeinigt und damit formell den Krieg beendet. Aber es gibt kein Datum für die Einsetzung dieser Regierung, und ihre persönliche Zusammensetzung ist noch offen. Die Hauptstadt wird nicht entmilitarisiert, es ist keine südafrikanische Schutztruppe geplant, und die Verschmelzung von Regierungs- und Rebellenarmeen ist auf später verschoben. So bleibt in der Praxis Kinshasa unter Kontrolle von Kabilas Armee, und die Rebellen- und Oppositionsminister dürfen jeweils nur Leibgarden mitbringen, was sie zu Geiseln macht. Das sind schlechte Zeichen.

Selbst wenn die Allparteienregierung das Licht der Welt erblicken sollte, dürften die Geber Zurückhaltung an den Tag legen. Direkte Haushaltshilfen an eine korrupte Regierung, deren Beamte keine Gehälter kriegen, verfehlen vermutlich ihren Zweck. Die Wirtschaftsprüfer der Firma Ernst & Young haben kürzlich festgestellt, dass in den Haushaltsjahren 1999–2001 aus den ziemlich leeren Staatskonten des Kongo 50 Millionen Dollar verschwunden sind.

Europäische Diplomaten in Kinshasa weisen außerdem darauf hin, dass Fortschritte im Finanzmanagement in Kinshasa nicht automatisch die Lage der Bevölkerung verbessern – vor allem nicht in der weiterhin umkämpften Osthälfte des Landes, wo der Krieg die meisten Opfer gefordert hat und um dessen Wiederaufbau die Weltbank sich überhaupt nicht kümmert. Die britische Abteilung des Hilfswerkes Oxfam betonte am 6. Dezember bei einem runden Tisch der Weltbank über Armutsbekämpfung im Kongo, dass der Abzug ausländischer Truppen aus dem Kongo die Unsicherheit nicht verringert habe. In Teilen des Ostens hat die Gewalt von Milizen im Gegenteil stark zugenommen.

Eine zentrale Dimension des Krieges wird außerdem weder im Abkommen von Pretoria noch in den Planungen der Weltbank berücksichtigt: die Ausbeutung der natürlichen Reichtümer des Kongo durch „kriminelle Netzwerke“, wie es kürzlich eine UN-Untersuchungskommission ausdrückte. Die wichtigsten Staatsfirmen des Kongo, beide unter Kontrolle der Regierung Kabila, sind völlig leer geplündert worden: Gécamines, die die Kupfer- und Kobaltminen in der Südprovinz Katanga hält, und Miba, die Diamantenfirma der zentralen Provinz Kasai. Die bisherigen Maßnahmen Kabilas dagegen – Entlassung einiger Minister und Ankündigung eines Gesetzes gegen Korruption – reichen nicht aus, um die Strukturen der Ausplünderung zu durchbrechen. Seltsam, dass Weltbank und IWF dazu schweigen. FRANÇOIS MISSER

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