US-Stützpunkte in der Türkei unter der Lupe

Ankara gewährt USA Nutzungsrechte für fünf Flughäfen. Bis zu 90.000 US-Soldaten an der Grenze zu Irak

ISTANBUL taz ■ Noch in dieser Woche wird in Ankara eine Delegation des US-Verteidigungsministeriums erwartet, die ihre künftigen Stützpunkte in der Türkei in Augenschein nehmen wollen. Der Besuch ist Ergebnis einer Vereinbarung, die US-Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz bei einem Besuch vor drei Wochen erzielte und die bei dem Treffen des AKP-Chefs Tayyip Erdogan mit Präsident Bush in der letzten Woche bestätigt wurde.

Danach sollen die USA, neben dem bereits seit Jahren als US-Standort genutzten Flughafen in Incirlik, mindestens fünf weitere türkische Flughäfen in der Nähe der irakischen Grenze nutzen dürfen. Diese Flughäfen sollen unter Einsatz mehrerer hundert Millionen US-Dollar auf den technischen Stand gebracht werden, den die US-Luftwaffe benötigt. Berichte türkischer Medien, es sollten auch US-Bodentruppen stationiert werden, wurden zunächst nicht bestätigt.

Nach Umfragen sprechen sich mehr als 80 Prozent der türkischen Bevölkerung gegen die Präsenz ausländischer Truppen aus, wie auch die generelle Ablehnung eines Krieges gegen den Irak nach wie vor deutlich überwiegt. Nach Berichten der Hürriyet hat die türkische Regierung dennoch zugestimmt, dass bis zu 90.000 US-Soldaten an der irakischen Grenze in Stellung gehen können, um von dort in wenigen Tagen den von Kurden kontrollierten Nordirak zu besetzen. Diese Aktionen sollen in Abstimmung mit der türkischen Armee, aber auch einvernehmlich mit den beiden großen kurdischen Parteien des Nordirak, der KDP und der PUK, erfolgen.

Washington drängt in Ankara darauf, dass die türkische Armee im Nordirak ihr Vorgehen mit den USA abstimmt. Dazu passen Meldungen des türkischen Nachrichtenkanals NTV, wonach bis zu 50 Laster mit militärischem Gerät die türkisch-irakische Grenze bei Harbur passiert hätten. Die Waffen sollen anwesende CIA-Leute in Empfang nehmen und an die befreundeten Kurden weiterleiten oder zum Aufbau einer US-Logistik nutzen.

Auch die türkische Armee ist seit längerem im Nordirak präsent – offiziell zur Bekämpfung der PKK-Militanten. Einer der bekanntesten türkischen Generäle, Cevik Bir, hat erst kürzlich klargestellt, dass die türkische Armee von den USA erwartet, dass sie im Anschluss an einen Krieg selbst die Verwaltung des Landes für einen längeren Zeitraum übernehmen. Nur so, meinte Bir, könne ein Chaos im Nachbarland vermieden werden.

JÜRGEN GOTTSCHLICH