Fauler Vorschlag der EU

Zollabbau für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern nur scheinbar generös. EU-Kommission will gute Ausgangsbasis für anstehende WTO-Verhandlungen

BERLIN taz ■ Die Europäische Kommission ist bereit, ihre Agrarsubventionen und Zölle deutlich zu senken. Das gaben die Kommissare für Handel und Landwirtschaft, Pascal Lamy und Franz Fischler, am Montag in Brüssel bekannt. So sollen die Importzölle um 35 Prozent abgebaut werden, die Exportsubventionen um 45 Prozent und alle weiteren Agrarbeihilfen um die Hälfte.

Der Grund für diese Ankündigung liegt weniger in einer plötzlichen Einsicht der einzelnen Länder, dass die europäische Agrarpolitik zu teuer ist und obendrein den Entwicklungsländern schadet, weil mit den Subventionen die Weltmarktpreise kaputtgemacht werden. Vielmehr liegt er darin, das im September 2003 das nächste Welthandelstreffen ansteht.

Dort nämlich sollen vor allem die USA, Japan und die EU erklären, um wie viel und bis wann sie ihre Agrarzuschüsse senken. Das wurde auf dem letzten Treffen im November 2001 in Doha so vereinbart. Schon im März nun sollen die Beschlüsse so weit gediehen sein, dass sie verhandelt werden können.

Doch was Franz Fischler als „mutigen Vorschlag“ bezeichnet, ist in den Augen vieler WTO-Kenner ein fauler Trick. Denn die frisch beschlossene Senkung von Zöllen und Subventionen bezieht sich auf Zahlen aus den Achtzigerjahren. Damals aber war die Summe, mit der Europa die Preise für seine Agarprodukte auf – und unter – Weltmarktniveau drückt, höher als heute. Mittlerweile hat sich die Differenz zwischen künstlich hoch gehaltenen EU-Nahrungsmittelpreisen und Weltmarktpreisen verringert – weil Lebensmittelpreise innerhalb der EU heute weiter nach unten subventioniert werden als damals.

„Nimmt man also das Niveau von 1988 und zieht davon 45 Prozent ab, so erreicht man einen Level, der höher ist als der heutige“, rechnet Rainer Engels vom kritischen Verband Germanwatch vor. Problematisch ist darüber hinaus, dass sich die Reduzierung überhaupt nur auf 32 Prozent aller Subventionen der EU bezieht. Der Rest falle unter eine Ausnahmeregelung und müsse erst ganz allmählich abgebaut werden.

Allerdings ist zu erwarten, dass die Europäer zum Thema Agrarsubventionen noch nicht das letzte Wort gesprochen haben. Bei WTO-Treffen wird normalerweise gefeilscht. Gut möglich, dass die EU ihre Subventionen stärker senkt und damit vor allem die Entwicklungsländer zufrieden stellt, wenn diese im Gegenzug den europäischen Interessen entsprechen. Die liegen vor allem im Bereich der Liberalisierung von Dienstleistungen, dem so genannten Gats-Abkommen. In Cancun wird es auch um die Frage gehen, was alles unter das Gats fällt. Viele Entwicklungsländer fürchten einen Ausverkauf ihrer Wasserversorgung, Renten- und Gesundheitssysteme. KATHARINA KOUFEN