Ist Frank de Boer zu langsam?

Drei Mitteleuropäer trinken Glühwein und nehmen Thai-Bowle ein. Heraus kommen Gedanken zum Konzert von „Oma Hans“

von der FAHRGEMEINSCHAFT „BRENNER OHNE KETTEN“

Frank de Boer trabt gelangweilt mit dem Ball am Fuß vier Meter über die warmen Halme. Seine chronisch leicht gekräuselte Spießerstirn schlägt wie aus dem Nichts einen 60-Meter-Pass direkt in den Lauf von Dennis Bergkamp. Ein bis zwei Täuschungen um den argentinischen Abwehrspieler herum. Eine freundliche, orange, warme Welle läuft nach allen Richtungen aus. Ein Mann springt auf, umarmt sich und weint innerlich vor Freude. Wer leidet? Hamburg?

Esso-Tankstelle. Taubenstraße, Ecke Kastanienallee. Eine Frau schlägt sich die Stirn an der Ausgangstür auf. Jemand wirft eine abgebissene Telefonkarte weg, ohne den Blick von der Frau zu lassen. Es ist mittags. Die Frau heißt Punk, und die Tür war mit ihr zusammen. Es war die Tür vom Mann. Aber es gab für den Mann keinen Grund mehr, die Gelenke zu ölen. Sehen wir Sachen, die wir mögen, oder müssen wir uns Mühe geben? Mögen wir Tiere oder wollen wir Leder treten? Oder anders gesagt: Wer gehorcht der intelligenten Domina?

Hamburg ist eine blöde, arrogante Maschine. Rassehunde lecken die Wunden der Fußballer. Nichts wird härter getreten als Leder, jeder Zweifel wird bezahlt. Doch zurück zu Frank (zu Frank zurück heißt zum Punk zurück): Er ist wie ein Pfirsich-Melba-Tag. Der Nachtisch kommt aus dem Blauen heraus vollkommen unerwartet auf den Tisch und löst eine Freude aus, die kaum zu beschreiben ist. Diese Hysterie bei Pfirsich Melba ist wirklich einzigartig, weil das Geheimnis nicht nur ohne Schüssel, sondern auch ohne Schlüssel aufgetischt wird.

Der Inder hat sich seit vier Wochen nicht rasiert. Es hat was mit einem Kostüm zu tun. Peta trägt ihre Haare offen. Es hat was mit Schönheit zu tun. Nuddelchen raucht neuerdings Columbian Gold. Es hat was mit Wirkung zu tun. Tee wird wieder mit Melba getrunken. Es hat was mit älteren Frauen zu tun.

Ist der Begriff „Regierung“ nicht frei erfunden? Glaubt nicht an Überschriften. Hütet euch vor Musikmagazinen. Zwischen dir und deiner ersten Platte gab es nie eine GEMA, einen Musikverlag, einen Chef oder ein Ziel. Die Wäsche ist gewaschen. Ist Frank de Boer zu langsam? Es gibt kein „zu langsam“.

Gegendarstellung

Scharfer Nord-Ost-Wind bringt feine Eiskristalle über die endlose Steppe. Fünf kräftige Gestalten laufen auf einen Hügel zu. Ein paar Meter weiter können sie den frischen Pfad eines Wollhaarnashorns benutzen. Dahinter beginnt die große Ebene, die bis zur Atlantikküste reicht.

Fast eintausend Köpfe zählt die Herde. Und solange sie da ist, leiden die Alt-Menschen keine Not. Noch immer trägt die Alte die Glut in einem Gefäß von dem vorherigen Lagerplatz. Es ist Mitte März. Instinktiv wissen sie, dass die Herde nicht weiterzieht, und errichten einen Lagerplatz. Steinböcke, Wisente und Rentiere, Bären und Rinde, Felle, behauene Steine und Sehnen mischen sich mit Handys, Pizza, Rückwärtsgang, Raufasertapeten, holländischem Gemüse und Depressionen verschiedenster Arten.

Das Feuer brannte. Behaglich saßen sie drum herum und fingen an sich zu lausen. Frank de Boer ging nach dem vierten Interview in die Kabine und fragte sich: „Bin ich zu langsam?“ Und hörte aus einer sehr alten, weiten Ferne: Es gibt keine Langsamkeit.

P. S.: Wenn das so weitergeht, wird gewürfelt, wer den Kuss bekommt, der Krebs schläft ein, wenn ich alleine bin, keiner bei mir, ich wart‘ nicht mehr und geh nach Haus. F. B. o. K.

„Oma Hans“ mit DJ Litmanen und DJ Saviola: Montag, 21 Uhr, FabrikDie Autoren (nach Diktat verreist) gelten als der Band sehr nahe stehend