Der Sieg in der Niederlage

Nach dem 77:80 gegen Skipper Bologna droht den Basketballern von Alba Berlin das Aus in der Europaliga. Doch der deutsche Meister will sich noch nicht geschlagen geben

BERLIN taz ■ Zehn Mal haben sich Bologna und Berlin seit 1994 gegenüber gestanden. Und egal, ob es Alba in der an Namen reichen Geschichte des italienischen Klubs mit Filidoro, Fortitudo, Teamsystem oder jetzt mit Skipper zu tun hatte, es schien ein ungeschriebenes Gesetz zwischen beiden Teams zu geben: Zu Hause gewinnen und auswärts die Punkte abliefern. Doch am Donnerstagabend brach Bologna die stille Übereinkunft und holte sich mit dem 77:80 den ersten Auswärtssieg.

Albas Chancen, die Zwischenrunde der besten 16 Teams zu erreichen, sind damit beträchtlich gesunken. Der deutsche Meister steht nach neun Spieltagen mit nur drei Siegen zu Buche. Das reicht in Gruppe A nur zum sechsten Platz, einer zu wenig, um weiterzukommen. Den Aufstiegsrang 5 hat Bologna eingenommen, zuletzt dreimal in der Europaliga erfolgreich, eine Bilanz, die Alba spiegelbildlich aufzuweisen hat. Insgesamt– die Spiele in der Bundesliga eingerechnet – war dies Berlins sechste Pleite in Folge. Das ist einmalig in der von Siegesserien strotzenden Vereinsgeschichte. Aber während in den Medien von „Krise“ und „Katastrophe“ die Rede ist, nehmen es die Albatrosse gelassen. „Wir haben heute 35 Minuten lang guten Basketball gezeigt“, hob Coach Emir Mutapcic nach dem Spiel hervor, was bemerkenswert war, da drei der Stammkräfte verletzt sind. Jörg Lütcke wurde am Kreuzband operiert. DeJuan Collins laboriert an einem Fersenbeinbruch und Marko Pesic knöchelte am Mittwoch um. Pesic und Collins hatten im Hinspiel (78:88) zusammen 48 Punkte erzielt und damit ihre Unentbehrlichkeit dokumentiert.

Ganze fünf Minuten also sorgten bei Mutapcic für Unmut, leider waren es die entscheidenden. Sein Team habe in dieser Phase die falschen Entscheidungen getroffen, schlecht reagiert und einfache Körbe zugelassen, analysierte er. So kam es, dass Bologna, meist mit ein paar Punkten zurück, in der 34. Minute die Führung übernahm (66:68) und bis auf sieben Zähler davoneilte. Zwei draufgängerische Dreier von Mithat Demirel und Stefano Garris brachten Berlin wieder heran – bis der Tscheche Lubos Barton, mit 20 Punkten bester Bologneser, für miesepetrige Stimmung unter den 6.536 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle sorgte.

„Diese Niederlage darf nicht unser Herz und unsere Seele kaputtmachen“, forderte Mutapcic und sah sich keineswegs aus dem Rennen um die Top 16: „Wir spielen und wir kämpfen weiter.“ Noch stehen fünf Partien in der Gruppe A bevor, was Demirel zu der Aussage veranlasste: „Es wäre fatal, jetzt aufzugeben.“

Das couragierte Spiel der Rumpftruppe machte Mut für die Zukunft, zeigte es doch, dass Alba auf seine zweite Reihe vertrauen kann – und auf die jungen Spieler. Guido Grünheid (20), ohne je eine Sekunde auf dem Parkett der Europaliga vebracht zu haben, stand sogar in der Startformation der Berliner. „Ich weiß auch nicht, was sich der Coach gedacht hat“, fragte sich der 2,06 Meter große Grünheid, als er am Morgen von seinem Glück erfuhr, „vielleicht wegen des Überraschungseffekts.“ Der Zivildienstleistende, der in einem Krankenhaus Akten sortiert, spielte unerschrocken, kam im ersten Viertel auf fünf Punkte und machte seinem Gegenspieler, dem NBA-Aspiranten Carlos Delfino, das Leben schwer.

„Er hat keinen Respekt gezeigt“, lobte Demirel Grünheids Auftritt auf der internationalen Basketball-Bühne. Und sprach dann zur Lage des Vereins, die im vergangenen Jahr ähnlich verfahren schien, auch da verlor Alba den Nimbus der Unschlagbarkeit. „Schon damals konnte es keiner fassen, dass wir verlieren, dabei spielen wir heute viel, viel besser als zur gleichen Zeit im letzten Jahr“, sagte Demirel.

Nur mit den Freiwürfen hapert es. Eine Quote von beschämenden 44 Prozent war mitverantwortlich dafür, dass Alba den Vorsprung nie in den zweistelligen Bereich treiben konnte. Für den Sonntag versprach Demirel immerhin ein Ende der Negativserie gegen den Mitteldeutschen BC. „Wir gewinnen“, sagte der Aufbauspieler mit dem Ausdruck felsenfester Überzeugung.

Das Selbstvertrauen ist bei Alba Berlin jedenfalls nicht in der Krise. MARKUS VÖLKER