Erzwungene Einheit hält ANC zusammen

Trotz Kritik des linken Flügels setzt sich beim ANC-Parteitag Südafrikas Regierung um Präsident Thabo Mbeki durch

Parteiinterne Kritiker innerhalb des ANC trauen sich kaum, offen zu reden

JOHANNESBURG taz ■ Der politische Kurs des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) in Südafrika ist nach dem gestern beendeten Parteitag in Stellenbosch ohne großes Aufheben bestätigt: ultralinke und neoliberale Positionen wurden zuvor hinter verschlossenen Türen glatt gebügelt. Bei der überraschungsfreien Wahl zum höchsten Entscheidungsgremium des ANC erhielten auch politische Führer der Kommunistischen Partei Zustimmung, aber keiner der populären Gewerkschaftsführer fand Unterstützung. ANC-Frauenliga-Präsidentin Winnie Madikizela-Mandela kam trotz einiger Skandale in der Vergangenheit auf Platz sechs.

Trotz erheblicher Kritik des linken ANC-Flügels an mangelnden Verbesserungen des Lebensstandards für die unterprivilegierte Mehrheit der Bevölkerung in Südafrika verteidigte Präsident Thabo Mbeki eisern seine liberale Wirtschaftspolitik.

Die Regierungsverbündeten des ANC, die Kommunistische Partei und der linke Gewerkschaftsverband Cosatu, hatten in den letzten Monaten mit landesweiten Streiks höhere Sozialausgaben und mehr staatliche Kontrollen statt Privatisierung gefordert. Aber Befürchtungen, auf dem 51. ANC-Parteitag könne es zu einer Spaltung zwischen Regierung und Linken kommen, liefen ins Leere. Mbeki machte deutlich, die Allianz mit der Linken bleibe wichtig. Zugleich aber hielt er alle Zügel zentralistischer Macht zusammen.

So sind die Risse innerhalb des ANC auf dem Parteitag sauber übertüncht worden. Noch immer versteht sich der ANC als Befreiungsbewegung und weniger als politische Partei. Er beherbergt zwar verschiedene politische Richtungen und hat sich durch die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Feind, der früheren Apartheidpartei NP (Nationale Partei), die Opposition geschickterweise ins eigene Lager geholt – die Wahl des Kongressortes fiel nicht zufällig auf das konservative Stellenbosch, intellektuelle Hochburg des weißen Afrikaaner-Nationalismus.

Doch es ist charakteristisch, dass Kritiker innerhalb der Partei sich nicht trauen, offen zu reden. Die politische Führung der linken Allianz erklärte brav, die Differenzen müssten weiterhin diskutiert werden, sollten jedoch nicht die Übereinstimmungen in der Politik überschatten. Kritiker und Abweichler debattierten zwar heiß auf Nebenveranstaltungen – aber im Plenarsaal tauchten sie dann unweigerlich geeint wieder auf.

Dem ANC hängt inzwischen der Ruf an, dass Verschwörungen und Machtränke hinter den Kulissen geschürt und zugleich vom Präsidenten kontrolliert werden. Vorwürfe der Korruption im Zusammenhang mit Waffenkäufen – zum Beispiel gegen Vizepräsident Jacob Zuma, der schon zurücktreten wollte – wurden von Mbeki abgewiegelt mit dem Hinweis, noch laufe keine gerichtliche Untersuchung.

Auf dem Parteitag erhielt der 60-jährige Mbeki unumstritten die Zustimmung als Vorsitzender des ANC. Damit bleibt seine Position als Staatspräsident für eine zweite Amtszeit ab 2004 bis 2009 unangefochten. Zentrale Probleme Südafrikas wie Arbeitslosigkeit, steigende Armut, die Aidsepidemie und das Schweigen zur Simbabwe-Krise sind auf dem Parteitag kaum zur Sprache gekommen.

Statt dieser Fehlleistungen lenkte Mbeki die Aufmerksamkeit lieber auf Erfolge wie jetzt die Unterzeichnung des Kongo-Friedensvertrages in Pretoria. Auf dem Parteitag wurden die Kongolesen bei einem Sonderauftritt bejubelt und äußerten große Dankbarkeit gegenüber Südafrika, das die Schlüsselrolle im Zustandekommen des Friedenspaktes spielte – ein Plus für Mbeki als Staatsmann für seinen Kurs gegenüber dem Westen.

MARTINA SCHWIKOWSKI