Serbien als Vorbild

Auch in Montenegro scheitern Präsidentenwahlen an zu geringer Beteiligung. Bestplatzierter Vujanović vor neuem Versuch optimistisch

aus Belgrad ANDREJ IVANJI

Ebenso wie in Serbien vor zwei Wochen sind am Sonntag auch in der zweiten jugoslawischen Teilrepublik Montenegro die Präsidentschaftswahlen an geringer Wahlbeteiligung gescheitert. Rund 46 Prozent der Wähler gingen zu den Urnen, laut den veralteten und zweideutigen Wahlgesetzen ist jedoch eine Wahlbeteiligung von über 50 Prozent notwendig, damit die Wahlen für gültig erklärt werden können. Die Präsidentenwahl soll wahrscheinlich am 12. Januar wiederholt werden, das genaue Datum wird das Parlament bestimmen.

Der Kandidat der die Unabhängigkeit der kleinen Adria-Republik anstrebenden regierenden Koalition „Für ein europäisches Montenegro“, Filip Vujanović, kann sich vorerst mit gewonnen 83,9 Prozent der Stimmen trösten. Auch für die nächste Runde bleibt er Favorit. Die anderen zehn Kandidaten bestätigten nur ihre Außenseiterrolle. „Im wiederholten Wahlprozess werden wir gewiss auch die fehlenden Prozente dazugewinnen“, erklärte der Expremier und amtierende Parlamentspräsident Vujanović voller Zuversicht. Er habe ein besseres Resultat erzielt als die regierende Koalition bei den Parlamentswahlen im Oktober.

Die geringe Beteiligung und somit das Scheitern der Wahlen war zu erwarten: Die projugoslawische Opposition hatte zum Boykott aufgerufen und keinen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt. Und die Bürger Montenegros sind wahlmüde.

Jede Wahl im in einen „föderalistischen“ und „sezessionistischen“ Block geteilten Montenegro ist ein Risikofaktor. Deshalb überwachten 120 Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbiet in Europa (OSZE) und des Europarats diese Wahl. Keine Unregelmäßigkeiten wurden gemeldet. Anderer Meinung ist jedoch einer der Führer des Liberalen Bundes, Miodrag Zivković: „Wie üblich hatte die regierende Koalition von Expräsident Milo Djukanović ein Monopol über die Medien und verwendete Unsummen von Geld aus der grauen Wirtschaft.“

Es sei zudem unglaublich, dass der Vizestaatsanwalt wegen Frauenhandel festgenommen, der Staatsanwalt der „Nötigung zur Prostitution verdächtigt wird“ und die Regierung keine Konsequenzen zieht. Sollte die Wahl auch im Januar scheitern, wird das Parlament das Wahlgesetz ändern müssen, der Zensus von einer Beteiligung von über fünfzig Prozent wird wohl gestrichen werden. Vorerst bleiben jedoch sowohl Serbien als auch Montenegro ohne Präsidenten.