Forschung mit Embryo-Stammzellen beginnt

Die Zulassungsstelle gibt grünes Licht: Der Bonner Neurobiologe Brüstle darf embryonale Stammzellen importieren

BERLIN taz ■ Der Bonner Neurobiologe Oliver Brüstle darf als erster deutscher Wissenschaftler embryonale Stammzellen aus dem Ausland importieren. Die im Sommer diesen Jahres am Robert-Koch-Institut (RKI) neu eingerichtete Zulassungsstelle für den Stammzellimport habe grünes Licht für das umstrittene Forschungsvorhaben gegeben, gab ein RKI-Sprecher gestern bekannt. Brüstle erhielt schon am Freitag den Genehmigungsbescheid. Gleich im Januar will er seine Forschung mit den aus dem israelischen Haifa importierten Stammzellen beginnen.

Brüstle erleichert

„Ich bin sehr erleichtert und froh, dass es noch in diesem Jahr geklappt hat“, sagte Brüstle. Im August 2000 hatte der Wissenschaftler einen Antrag auf Förderung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingereicht und damit eine lange Debatte über die ethischen Grenzen der Wissenschaft ausgelöst. Nach dem Embryonenschutzgesetz ist jede Embryonen verbrauchende Forschung in Deutschland verboten. Erst Ende April hatte der Bundestag ein Stammzellgesetz verabschiedet.

Der Import solcher Zellen ist demnach weiterhin „grundsätzlich“ verboten. Ausnahmen werden nur für „hochrangige Forschungsziele“ zugelassen. Die Stammzellen müssen jedoch vor einem Stichtag, dem 1. Januar 2002, gewonnen worden sein. Der Bundestag wollte sicherstellen, das keine Embryonen für die Stammzellforschung getötet werden. Nur bereits kultivierte Stammzelllinien sollten genutzt werden.

Viele Wissenschaftler waren mit diesem Kompromiss zunächst zufrieden. Denn erst einmal geht es nur um die Frage, ob die Stammzellen wirklich so ein enormes Potenzial besitzen, um zur Therapie von bisher unheilbaren Krankheiten wie zum Beispiel Alzheimer- oder Parkinson-Krankheit eingesetzt zu werden.

Kirchen besorgt

Gegenwind kam unter anderem von den Kirchen, die sich gegen jegliche „Vernutzung“ menschlichen Lebens wehrten. Befürchtet wird auch, dass diese Ausnahmeregelung als ein Türöffner genutzt wird. Sollte sich herausstellen, dass embryonale Stammzellen therapeutisch nutzbar sind, wird die jetzt gültige Regelung wohl wieder gekippt werden. Kritiker fordern indes, nur mit „adulten Stammzellen“, die von Erwachsenen gewonnen werden können, zu forschen.

Für die embryonale Stammzellforschung eingesetzt hatte sich auch Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der von ihm persönlich berufene Nationale Ethikrat sollte eine Stellungnahme zur Stammzellforschung abgeben. Sie fiel – wie erwartet – mehrheitlich zu Gunsten der Stammzellforschung aus und stand somit im Widerspruch zu der Empfehlung der vom Bundestag eingesetzten Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“. Schröders Strategie, der mit zahlreichen Kritikern der Stammzellforschung besetzen Enquetekommission eine weniger „wissenschaftsfeindliche“ Expertenkommission entgegenzusetzen, ging somit auf.

WOLFGANG LÖHR