Zeit für Veränderungen

Im Schmelztiegel Mombasa setzen die Einwohner auf die Opposition

MOMBASA taz ■ Eine Seebrise bringt ein wenig Abkühlung auf der Terrasse des Mombasa Club. Das weiße Gebäude aus der Kolonialzeit liegt an einer Bucht des azurblauen Indischen Ozeans. Kenias Küste hat den wichtigsten Hafen Ostafrikas, spendable Touristen aus aller Welt, fruchtbares Land. Sie kam aber nie zur Blüte, weil die Regierung Uneinigkeit zwischen den Bevölkerungsgruppen säte. Das rächt sich jetzt.

Mombasa ist Kenias zweitgrößte Stadt, ein Schmelztiegel von Hautfarben, Religionen und Kulturen. Wahrscheinlich schon vor der christlichen Zeitrechnung kamen arabische Händler; viele vermischten sich mit den Einheimischen und schufen so die Basis für die Swahili-Bevölkerungsgruppe. Die Sprache Kisuaheli, Lingua franca von ganz Ostafrika, ist eine Mischung aus Arabisch und lokalen Sprachen. Erst viel später kamen Europäer. Und seit der Unabhängigkeit 1963 sind zahlreiche Angehörige der anderen Völker Kenias hergezogen, angelockt von den Arbeitsmöglichkeiten.

Im Mombasa Club kann Exbürgermeister Najib Balala kurz der Hektik des Wahlkampfes entfliehen. Der 35-jährige ist Parlamentskandidat der Oppositionsallianz NARC. Er hofft, dass ihn heute alle Hautfarben wählen. „Mit nur den Stimmen meiner eigenen Leute – der milchkaffeefarbenen Muslime – kann ich nicht gewinnen“, erläutert er. „Ich brauche die Unterstützung der Menschen aus dem Inland und der ursprünglichen Bewohner der Küste. Die Bevölkerung kapiert endlich, dass wir zusammen für unsere Interessen eintreten müssen.“

Das sind unerhörte Worte für diese Region. Kurz vor den letzten Wahlen 1997 vertrieb ethnische Gewalt an der Küste die meisten Touristen. Milizen der muslimischen Küstenvölker verjagten die Gastarbeiter aus dem Binnenland, meistens Oppositionsanhänger. Unerfahrene Arbeitskräfte rückten an deren Stelle. Das beschleunigte den Niedergang. „Die Menschen von der Küste glaubten, sie würden ihr Leben verbessern, wenn sie die Leute aus dem Inland verjagen“, sagt Najib Bilala. „Aber letztendlich ging es uns allen schlechter.“

Das finden inzwischen auch die Muslime. In einem zerfallenden Gebäude nicht weit vom Mombasa Club wimmelt es von verschleierten Frauen und Männern in weißen Gewändern. Es ist das Büro der islamischen Menschenrechtsorganisation Muhuri. Ihr Direktor, Khalef Khalifa, sitzt in einem engen Zimmer; weil die Hitze kaum auszuhalten ist, läuft er ständig hin und her: „Nur ein paar islamische Geschäftsleute haben von der KANU-Regierung profitiert, der durchschnittliche Muslim nicht.“

Esther Mwanbaro gehört zu den Mijikenda, den ursprünglichen Bewohnern der Region. Die alte Frau hat immer KANU gewählt weil, wie sie es selbst sagt, „es sich nun mal so gehörte“. Sie und ihr Volk leben in armseligen Hütten, 20 Kilometer von den Stränden entfernt. Sie leben von den Palmen. Seife und Öl stellen sie her; Kokosnussmilch dient als Erfrischung oder, fermentiert, als starker Schnaps. Daran sind Touristen interessiert. Aber die Leute können ihre Sachen kaum zum Markt bringen, weil alles auf dem Kopf getragen werden muss. „Die Regierung gab uns nicht einmal eine Straße, wo Autos fahren können“, sagt Esther Mwanbaro auf ihrem kleinen Hocker unter der Palme und schüttelt mit dem Kopf. „Diesmal wähle ich die Opposition. Es ist Zeit, dass sich etwas ändert.“ ILONA EVELEENS