Marketing fast wie bei Kohl

Die Bundesregierung bevorzugt bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit die Lieblingsagentur des Kanzlers. Der Rechnungshof rügt, die Union zetert – und die FDP winkt ab: Unter Kohl war‘s schlimmer

von HEIDE OESTREICH

Eigentlich ganz ordentlich: das Corporate Design der Bundesregierung. Alle Ministerien tragen den schwarzrotgoldenen Senkrechtstrich als Emblem. Alle Broschüren weisen Quader in den Bundesfarben auf, und alle benutzen eine einheitliche Schrift. Um einiges unordentlicher dagegen ist es laut Bundesrechnungshof bei der Auftragsvergabe zu dem Großprojekt „Corporate Design der Bundesregierung“ zugegangen. Kanzler Gerhard Schröders Lieblingsagentur „Odeon Zwo“ aus Hannover nämlich bekam den Zuschlag – gegen den Rat eines Instituts, das die Bewerber für den lukrativen Auftrag prüfte. Auch in den folgenden vier Jahren wurde die Agentur mit Aufträgen in Höhe von rund 29 Millionen Euro beregnet – mehr, als alle anderen Agenturen zusammen vom Bundespresseamt erhielten.

1998 hatte die rot-grüne Regierung die einheitliche Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit europaweit ausgeschrieben. Zwei Agenturen lieferten Probebroschüren ab, darunter Odeon Zwo. Das hessische Sozialforschungsinstitut Psyfact kam bei Odeon Zwo zu dem Ergebnis: Kommt nicht in Frage. Diese Bewertung allerdings behielt das Bundespresseamt für sich. Stattdessen empfahl es dem Kabinett die Agentur. Schriftliche Zeugnisse über den Entscheidungsprozess, obwohl gesetzlich vorgeschrieben, gibt es nicht. So klagt der Bundesrechnungshof in einem Bericht, über den die Rheinische Post berichtete.

Schon im Sommer 2002 hatte die Opposition mit einer kleinen Anfrage ihr Misstrauen kundgetan. Damals verwies die Regierung darauf, dass Odeon Zwo die stärkste Zustimmung in relevanten Indikatoren wie „Glaubwürdigkeit“ und „Informationswert“ erhalten habe. Alle Fragen dazu, wie denn die Entscheidung zugunsten der hannoverschen Firma, die schon die letzten SPD-Landtagswahlkämpfe in Niedersachsen bestückte, getroffen wurde, beantwortete die Regierung spartanisch mit dem Satz: „Die Bundesregierung gibt zu den Prozessen ihrer internen Meinungs- und Willensbildung grundsätzlich keine Auskunft.“ Diesmal kontert das Bundespresseamt hart: Haltlos seien die Vorwürfe. Das Verfahren sei „jederzeit transparent und nachvollziehbar“ gewesen – und auch ausreichend dokumentiert.

Der FDP-Obmann im Haushaltsausschuss, Jürgen Koppelin, der den Rechnungsprüfungsausschuss von dem Vorgang unterrichten wird, bestätigte allerdings die Vorwürfe des Bundesrechnungshofes. Dennoch sei die Affäre „künstlich hochgezogen“, findet er: „Da haben andere Regierungen, auch solche, an denen wir selbst beteiligt waren, schon Schlimmeres angestellt.“

Jede Regierung arbeite eben mit einer Agentur ihres Vertrauens zusammen. „Bei der Union hieß sie von Manstein, bei der SPD heißt sie Odeon Zwo“, sagte Koppelin. Die Bevorzugung von Odeon Zwo allerdings sei doch insgesamt „zu dicke“ ausgefallen. Konsequenzen werde das kaum haben. Denn, so Koppelin: „Da können die Haushälter noch so schimpfen, das wird immer so bleiben.“