Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung: Neuer Mindestlohn-Konflikt in Sicht
Während die CDU-Arbeitnehmer auf einen gesetzlichen Mindestlohn drängen, ist der Wirtschaftsflügel der Union dagegen. Ebenso wie der Koalitionspartner FDP. Das riecht nach Streit.
BERLIN dapd | Die schwarz-gelbe Koalition steuert auf einen neuen Konflikt in der Arbeitsmarktpolitik zu. Die FDP wies den Vorstoß des CDU-Arbeitnehmerflügels für die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes zurück. "Die Tarifautonomie funktioniert sehr gut. Ein gesetzlicher Mindestlohn würde Jobs kosten, sonst nichts", sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, der Berliner Zeitung.
Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) hatte gefordert, den Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche per Gesetz für allgemeinverbindlich zu erklären. Dort gelten im Osten 6,89 Euro und im Westen 7,79 Euro je Stunde als Lohnuntergrenze. Der CDA-Vorsitzende Karl-Josef Laumann hob den Vorrang für die Tarifautonomie hervor. Diese funktioniere aber nicht mehr überall. "Wo keine Tarifverträge gelten, da legen Arbeitgeber die Löhne einseitig fest. Das kann die CDU als Partei der Sozialen Marktwirtschaft nicht gut finden."
Grundsätzliche Zustimmung für einen allgemeinen Mindestlohn kam auch von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie wandte sich aber dagegen, die Zeitarbeit zum "Maß aller Branchen" zu machen. Sie wolle vielmehr bis zum Parteitag "darüber diskutieren, wie wir das Prinzip 'Ausgehandelter Tariflicher Mindestlohn' für die Fläche organisieren können", sagte sie in Berlin.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, begrüßte die CDA-Forderungen. "Das ist löblich - geholfen ist den Geringverdienern aber erst dann, wenn daraus Regierungspolitik wird." Solange die Marktradikalen in der Union und die FDP den Mindestlohn jedoch blockierte, bleibe "Armut trotz Arbeit traurige Realität".
Der Wirtschaftsflügel der Partei hatte bereits im Vorfeld abgeblockt. Er sei der Meinung, dass der Mindestlohn in einer funktionierenden Tarifautonomie keinen Wert habe, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) der Nachrichtenagentur dapd. Der Staat sollte sich aus diesem Bereich heraushalten. Der Union stehen auf dem Parteitag im November wohl heftige Debatten über das Thema ins Haus.
Mindestlöhne gibt es in Deutschland derzeit nur für einige Branchen - etwa beim Elektrohandwerk oder bei den Sicherheitsdienstleistern - nicht aber flächendeckend.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“