Arbeitnehmerrechte in Frankreich: Staat will Fabriken offen halten
Unternehmen sollen profitable Standorte in Frankreich nicht mehr schließen dürfen. So jedenfalls will es die Regierung in Paris und plant ein entsprechendes Gesetz.
![](https://taz.de/picture/172748/14/12022013_Amiens_Goodyear_Polizei_rtr.jpg)
BERLIN taz | Frankreich will die Schließung von profitablen Fabriken per Gesetz verhindern. Eine entsprechende Initiative hat der sozialistische Staatspräsident François Hollande am Montag am Rande der Eröffnung einer Bibliothek in einem Pariser Vorort angekündigt.
Die Regierung werde bis zum Sommer ein entsprechendes Gesetz auf den parlamentarischen Weg bringen, so Hollande. Unternehmen, die sich von profitablen Fabriken oder Werken trennen wollen, sollen verpflichtet werden, einen Käufer für diese zu suchen. Unklar ist allerdings noch, wie von wem festgestellt werden soll, ob ein Werk oder Werksteil tatsächlich profitabel ist.
Mit seiner Initiative will Hollande eines seiner Wahlversprechen erfüllen: Während des Wahlkampfes hatte sich der Sozialist dagegen ausgesprochen, dass Unternehmen, die Gewinne erzielen, Beschäftigte entlassen. Hollande geht mit seiner Initiative auch auf eine zentrale Forderung der Beschäftigten in der Industrie ein.
Am Dienstag kam es im nordfranzösischen Amiens wieder zu gewalttätigen Protesten von Arbeitern des Goodyear-Reifenwerkes, die sich dagegen wehrten, dass die Fabrik zugemacht werden soll. Betroffen wären davon etwa 1.200 Beschäftigte. Der US-Reifenproduzent will sich vom kriselnden Markt in Europa teilweise zurückziehen und hier beispielsweise keine Reifen mehr für landwirtschaftliche Fahrzeuge verkaufen. Jetzt teilte der Konzern mit, dass er in diesem Jahr mit einem Gewinn von 1,4 bis 1,5 Milliarden US-Dollar rechne; zuletzt war er noch von 1,6 Milliarden ausgegangen.
Heftiger Widerstand der Arbeitgeber
Hollande will sich nun an die Seite von Beschäftigten stellen, deren Betriebe bedroht sind. Der Staat müsse helfen, Käufer für gefährdete Standorte zu finden, sagte der Präsident. Dabei verwies er auch auf eine von Unternehmern und Gewerkschaften am 11. Januar getroffene Vereinbarung, die die Beschäftigung in kriselnden Betrieben sichern soll. Auch hier plane er Maßnahmen, die eine bestimmte Zahl von Entlassungen verteuern sollen. Die zunehmende Prekarisierung müsse deutlich besser bekämpft werden, als dies heute der Fall sei.
Im Arbeitgeberlager stoßen Holandes Pläne auf heftigen Widerstand. Die Unternehmer befürchten, dass der Standort Frankreich an Attraktivität für neue Investoren verliert. Ihr Argument: Werke würden in der Regel geschlossen, weil sie sich nicht lohnten.
Derweil verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage Frankreichs weiter. Hollande kündigte am Dienstag an, die derzeitigen Wachstumsprognosen nach unten zu korrigieren. Es könne sein, dass dies schon in den nächsten Tagen nötig werde, sagte er.
Derzeit plant die französische Regierung noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent in diesem Jahr. Dieses Plus wäre die Voraussetzung, um das Haushaltsdefizit mit dem bisher vorgesehenen Budget auf 3 Prozent der französischen Wirtschaftsleistung zu drücken. Sollte das Wachstumsziel verfehlt werden, müsste die Regierung wohl zusätzliche Einsparungen durchsetzen, um die im Maastricht-Vertrag vorgesehene Euro-Defizitgrenze nicht zu überschreiten.
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