■ Arbeiten, um zu reisen?: „Ich schaue mir lieber Postkarten an“
Ilse Grütz, Verkäuferin, 50 Jahre
Einmal im Jahr verreise ich richtig. Dazu kommen noch spontane Kurzreisen. Letztes Jahr war ich auf Mallorca. Meine Reisen lassen sich mit der Arbeit ganz gut vereinbaren, und Kinder habe ich auch nicht mehr im Haus. Ich kann mir nicht vorstellen, nur auf den Urlaub hinzuarbeiten. Wenn man ein bißchen nach den Preisen schaut, läßt sich regelmäßiger Urlaub problemlos finanzieren.
Raphael Pollack, Kunstmaler, 52 Jahre
In den letzten sechs Monaten bin ich siebenmal im Ausland gewesen. Wenn man im Winter in Berlin bleiben muß, ist das furchtbar. Ich habe Bekannte in Frankreich, England und Amerika, meine Reisen sind nicht nur geschäftlich. Aber bei mir vermischen sich Urlaub und Beruf. Ich muß oft Ausstellungen im Ausland organisieren. Wenn ich fahre, muß meine Familie zu Hause bleiben.
Allen Mobili, Student, 21 Jahre
Ich bin nicht typisch. Ich verreise schon gerne und eben auch sehr oft. Meine Eltern wohnen in Tahiti, da fahre ich öfter hin. Auch sonst fahre ich viel ins Ausland. Die Finanzierung ist ein Problem. Im Moment arbeite ich bei einer Marketing-Firma, um das Geld dafür zu verdienen. Da ich noch keine Familie habe, bin ich unabhängig und kann verreisen, wann ich will.
Lydia May, 57 Jahre, Finanzbuchhalterin
Wir haben ein Grundstück in der Lüneburger Heide, dort verbringen wir unseren Urlaub. Das macht den Urlaub billig. Wir müssen ja nur das Benzin bezahlen. Wenn wir woanders hinfahren, bemühen wir uns natürlich, daß es wenig kostet. Ich staune über die Menschen, die so oft wegfahren. Woher haben die soviel Geld? Ich kann nicht soviel von meinem Verdienst sparen.
Iris Kaiser, Studentin, 28 Jahre
Einmal im Jahr verreise ich weiter weg, Asien, Amerika oder Europa. Und dann noch Reisen in Deutschland. Dafür gehe ich arbeiten. Es bleibt ja immer was übrig, und davon fährt man eben in Urlaub. Daß die Deutschen gerne verreisen, kann nicht an ihrem Drang liegen, neue Kulturen kennenzulernen. Dafür befinden sie sich zu oft gluckenhaft in irgendwelchen Touristen-Enklaven.
Reimund Weidenbach, arbeitslos, 30 Jahre
Ich verreise gar nicht. Ich war 1987 das letzte Mal in Urlaub, glaube ich. In Berlin habe ich doch alles, was ich brauche. Der einzige Grund wäre, andere Kulturen kennenzulernen. Aber das brauche ich nicht, weil die Leute aus anderen Kulturen ja hierherkommen und ich sie dann kennenlernen kann. Um eine schöne Landschaft zu sehen, kann ich mir ja auch eine Postkarte anschauen.
Umfrage: Christoph Dowe
Fotos: Wolfgang Borrs
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen