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Arbeiten bei YahooDaheim war gestern

Firmenchefin Mayer drängt auf die Anwesenheitspflicht aller Mitarbeiter im Büro. So will sie den Konzern auf Gewinnkurs bringen, macht sich bei den Angestellten aber unbeliebt.

Manch Yahoo-Mitarbeiter weiß wohl nicht mehr, wo der Eingang ist. Bild: dpa

SUNNYVALE dpa | Für viele Yahoo-Mitarbeiter wird der Weg zur Arbeit bald deutlich länger: Firmenchefin Marissa Mayer schränkt bei ihrem Notumbau des Internet-Konzerns die weit verbreitete Arbeit von Zuhause ein. Es sei absolut notwendig, dass „wir alle in unseren Büros anwesend sind“, hieß es in einer Mitteilung an die etwa 11.500 Beschäftigten, die in den USA für Schlagzeilen sorgte.

„Geschwindigkeit und Qualität leiden oftmals, wenn wir von Zuhause aus arbeiten“, begründete die Chefetage die neue Richtlinie. „Einige der besten Entscheidungen und Erkenntnisse erwachsen aus Gesprächen auf dem Flur oder in der Cafeteria“. Es sei wichtig, neue Leute kennenzulernen oder sich spontan mit seinem Team zu treffen. „Wir müssen ein Yahoo sein und das fängt damit an, dass wir physisch zusammen sind.“

Die ehemalige Google-Spitzenmanagerin Mayer steht seit Juli vergangenen Jahres an der Spitze von Yahoo. Sie versucht, das ins Stocken geratene Geschäft des Unternehmens wieder anzukurbeln. Dabei müssen auch Tausende Mitarbeiter gehen. Erste Erfolge geben Ihr bei ihrem eingeschlagenen Kurs aber Recht.

Yahoo steht im harten Wettbewerb mit Google und Facebook um Werbeanzeigen - aber auch um die besten Talente im Silicon Valley. Eine der ersten Amtshandlungen von Marissa Mayer war es daher, zur Motivation ihrer Leute das Essen in der Kantine kostenlos anzubieten. Auch bekamen die Mitarbeiter neue Smartphones.

Mit der Abschaffung der Heimarbeit scheint sich Mayer aber nicht gerade beliebt gemacht zu haben, wie das gut verdrahtete US-Blog „All Things D“ berichtete. Dazu habe auch der in der Mail angeschlagene Ton beigetragen. Ein betroffener Mitarbeiter ereiferte sich, dass zuvor getroffene Absprachen nun nicht mehr gelten würden. „Das ist ungeheuerlich und tödlich für die Moral.“

Die Anwesenheitspflicht gilt ab Juni. Das Yahoo-Management scheint sie streng durchsetzen zu wollen, was eine andere Formulierung in dem Schreiben an die Beschäftigten deutlich machte: „Und für alle anderen unter uns, die gelegentlich Zuhause bleiben müssen, um auf den Mann von der Telefongesellschaft zu warten: Bitte entscheidet im Geiste der Zusammenarbeit.“

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2 Kommentare

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  • A
    anke

    Ist ja eklig! Schon wieder dieses besitzergreifende "wir"! Dabei ist das Wort doch gar kein Possessiv- sondern schlicht ein Personal-Pronomen!

     

    Wenn Marissa Mayer es für "absolut notwendig" hält, neun Stunden pro Tag und länger in ihrem "Büro[...] anwesend" zu sein, dann soll sie sich in Gottes Namen hinein hocken! Andere Menschen haben andere Aufgaben als die Firmenchefin. "Einige der besten Entscheidungen und Erkenntnisse [mögen ja] aus Gesprächen auf dem Flur oder in der Cafeteria [erwachsen]". Andere aber entstehen definitiv auf dem heimischen Sofa. Wenn die Yahoo-Geschäftsleitung dazu übergeht, den Leuten vorzuschreiben, wo sie zu denken haben, werden die Beschäftigten ihre Sofa-Gedanken in Zukunft wohl für sich behalten. Verstehen könnte ich das. Sie werden schließlich nicht dafür bezahlt. Was sie zu Hause tun, braucht die Chefin ja nicht unbedingt zu erfahren. Und wenn sie nicht weiß, was ihr entgeht, kann sie auch keine Entlassung begründen damit.

     

    Dass allein das physische Zusammensein Yahoo vor der Konkurrenz retten wird, kann ich mir einfach nicht vorstellen. Ganz anders sieht es mit den "erste[n] Erfolge[n]" aus, die die Angst vor der Entlassung zeigt. Die kann ich mir geradezu bildlich ausmalen. Nicht vorstellen hingegen kann ich mir wiederum, dass "die besten Talente im Silicon Valley" verrückt nach kostenlosen Smartphones sind. So verrückt, dass sie sich dafür per Vertrag an eine Geschäftsführung binden, die ihre Verabredungen nicht einhält. Und dass panische Programmierer dauerhaft die besseren Ideen haben, halte ich für komplett ausgeschlossen.

     

    Je nun. Wir werden sehen, wie weit Frau Mayer kommt mit ihrer neuen Strenge. Im Notfall muss ich mir halt einen neuen privaten E-Mail-Account zulegen. Yahoo ist ja nicht der einzige Anbieter kostenloser Adressen. Und andere lassen sich womöglich doch noch etwas Zeit mit ihrer Rolle rückwärts. "Im Geiste der Zusammenarbeit", meine ich, aus dem heraus das Home-Office seinerzeit mal eingeführt wurde.

  • A
    Autofreier

    "„Einige der besten Entscheidungen und Erkenntnisse erwachsen aus Gesprächen auf dem Flur oder in der Cafeteria“. Es sei wichtig, neue Leute kennenzulernen oder sich spontan mit seinem Team zu treffen."

     

    Dann wäre es wünschenswert, wenn auch Individualverkehr in geschlossenen Transportbehältern (volkstümlich: "Auto") verboten wird.