Arabische Liga in Syrien: Beobachtung geht weiter, Gewalt auch
Das Blutvergießen hört nicht auf: Präsident Assad lässt seine Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen Regimegegner vorgehen – trotz der Beobachter im Land. Nun wird eine Zwischenbilanz gezogen.
KAIRO/ DAMASKUS dpa | Trotz anhaltender Gewalt in Syrien und heftiger Kritik an ihrer Beobachtermission schließt die Arabische Liga einen Abbruch des Einsatzes aus. Ein vorzeitiger Abzug der Beobachter, wie er von der syrischen Opposition gefordert wird, stehe nicht zur Diskussion, sagte der stellvertretende Liga-Chef Adnan Eissa am Samstag in der ägyptischen Hauptstadt. An diesem Sonntag will die Liga in Kairo eine Zwischenbilanz des Einsatzes ziehen. Berichten zufolge werfen die arabischen Staaten der Regierung in Damaskus vor, Zusagen nicht einzuhalten.
In der Provinz Idlib nahe der türkischen Grenze wurde nach Angaben von Aktivisten am Sonntag der Ort Sarakib unter Beschuss genommen. Dabei seien ein Teilnehmer eines Sitzstreiks durch Granatsplitter getötet und mindestens 20 verletzt worden, sagte der Oppositionelle Ahmad Abdullah aus Idlib. Die Demonstranten hätten in Zelten im Stadtzentrum kampiert.
Nach Angaben der Opposition kamen außerdem beim gewaltsamen Vorgehen syrischer Sicherheitskräfte gegen Regimegegner am Samstag erneut mindestens 29 Menschen ums Leben. Wie das Generalkomitee der Syrischen Revolution, ein Netzwerk verschiedener Oppositionsgruppen, mitteilte, starben die meisten Opfer in der Provinz Homs und in Vororten der Hauptstadt Damaskus. Seit Beginn der Proteste gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad Mitte März vergangenen Jahres wurden nach Schätzungen der UN mehr als 5000 Menschen getötet.
Der Beobachtermission der Arabischen Liga ist es in zwei Wochen nicht gelungen, der Gewalt in Syrien ein Ende zu setzen. Zu diesem Schluss kommt die Liga nach Informationen des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira in einem Bericht, über den an diesem Sonntag in Kairo unter katarischer Leitung beraten werden soll.
Hilfe vom UN-Sicherheitsrat?
Wie Al-Dschasira weiter berichtete, werde der syrischen Regierung vorgeworfen, die der Liga gemachten Zusagen nicht einzuhalten. So würden die syrischen Sicherheitskräfte weiter mit Gewalt gegen die Demokratiebewegung vorgehen und politische Gefangene an unbekannten Orten festgehalten. Damaskus hatte der Liga unter anderem ein Ende der Gewalt, den Abzug der Armee aus den Städten und die Freilassung aller politischen Gefangenen versprochen.
Dennoch sieht die Liga keinen Grund, den Einsatz abzubrechen. "Kein arabisches Land hat von der Notwendigkeit eines Abzugs der Beobachter gesprochen", sagte Eissa. Vielmehr wolle man die Beobachter bei ihrer Mission stärker unterstützen und ihre Ausrüstung verbessern. Erwogen wird nach Angaben aus Diplomatenkreisen auch, den UN-Sicherheitsrat um Hilfe zu bitten.
Am Samstag trafen zehn weitere Beobachter aus Jordanien in Syrien ein. Damit erhöhte sich ihre Zahl auf insgesamt 163.
Der oppositionelle syrische Nationalrats forderte am Samstag erneut den Abbruch des Einsatzes der arabischen Länder. "Die Arabische Liga sollte zugeben, dass ihre Beobachtermission gescheitert ist, und die Aufgabe an die Vereinten Nationen übergeben", sagte die Sprecherin des Rats, Bassima Kadami, nach Berichten arabischer Medien.
Am Freitag hatte ein weiterer Terroranschlag in Damaskus mit 26 Toten den Druck auf die Beobachtermission erhöht. Regierung und Opposition machten sich gegenseitig für die Bluttat verantwortlich. Das Assad-Regime kündigte an, mit "eiserner Faust" gegen die Hintermänner vorzugehen.
Am Samstag nahmen in Damaskus Tausende an einer Trauerfeier für die Opfer des Bombenanschlags teil. Das Staatsfernsehen zeigte, wie Särge auf einer Prozession unter massiven Sicherheitsvorkehrungen durch die Straßen der Hauptstadt zu der Al-Hassan-Moschee getragen wurden.
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