■ Arabesk-Feeling: Sound der Marginalisierten
Arabesk ist mehr als Musik –Arabesk ist ein Lebensgefühl. Denn dieser türkische Musikstil handelt von wenig mehr als vom Geworfensein in die Welt, vom Leiden an unerfüllter Liebe und der Verzweiflung an der Grausamkeit des Schicksals. Die Lieder sind voll Schmerz und Enttäuschung, die sich in dramatischer Geste und verschnörkelt-weinerlichem Gesang Bahn brechen. Unter türkischen Intellektuellen ist diese Musik schlecht angesehen. Für sie bezeichnet Arabesk nicht bloß eine Musikrichtung, sondern eine ganze Ästhetik des schlechten Geschmacks – Amulette gegen den bösen Blick, Plastikrosen und Perlmuttnippes, Aufkleber mit Allah-Sprüchen, religiöser Kitsch, der Taxis und Busse schmückt.
Vor rund dreißig Jahren als Mischung aus türkischer Volksmusik mit arabischen Einflüssen und modernen Arrangements entstanden, gilt Arabesk als Sound der Marginalisierten. Es ist die Musik der Arbeitsmigranten, die es in den Siebzigerjahren aus den Dörfern Anatoliens in die Metropolen der Türkei und in die Bundesrepublik zog. Seitdem ist Arabesk auch ein Stück deutscher Alltagskultur. Arabesk-Musik erklingt in türkischen Männercafés und Dönerläden, schallt auf türkischen Hochzeiten oder aus den heruntergekurbelten Fenstern vorbeirauschender Sportwagen.
Arabesk wird gerne mit der ersten Generation der Einwanderer assoziiert. Doch das wäre verkürzt. Denn anders als türkischer Pop à la Tarkan ist Arabesk ein Musikstil für die ganze Familie, wird von allen Generationen und Schichten gehört – wie gesagt, Intellektuelle ausgenommen. bax
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