Apple poliert Betriebssystem: Jobs lässt einen Leoparden hüpfen
Diese Woche erscheint die sechste Version von Apples Betriebssystem Mac OS X, Codenamen "Leopard". Macintosh will Windows Kontra geben, denkt sich aber wenig Neues aus.
BERLIN taz Das Tempo, das der Computer- und Unterhaltungselektronikkonzern Apple bei der Produktion neuer Versionen seines Betriebssystems Mac OS X vorlegt, ist ziemlich hoch: Seit 2001 hat das Unternehmen bereits fünf Varianten auf den Markt gebracht, mit Mac OS 10.5, Codename "Leopard" soll es an diesem Freitag nun die sechste werden. Konkurrent Microsoft mit seinem Windows-Betriebssystem wirkt dagegen geradezu monolithisch: Im gleichen Zeitraum gelang mit "Vista" nur ein Upgrade. Böse Zungen behaupten allerdings, Apple optimiere seine Software jeweils nur leicht, bringe sie dann aber dennoch zum Vollpreis auf den Markt - die Aktualisierung kostet immerhin jeweils 130 Euro.
Bei Leopard sollte das schon deshalb nicht so sein, weil Apple sich vergleichsweise lange Zeit genommen hat. Statt auch diesmal ein frisches Mac OS X im Jahrestakt aufzulegen, entwickelt man seit 2005 an der neuen Version. Deren Verkaufsstart wurde aufgrund der Einführung des iPhones zudem von Frühjahr 2007 auf diesen Herbst verlegt. Um am Upgrade-Spaß überhaupt teilnehmen zu können, muss der Nutzer allerdings einen verhältnismäßig aktuellen Computer besitzen - er braucht mindestens einen G4-Chip mit 867 MHz Taktfrequenz. Für diverse Leopard-Spezialfunktionen wie Videoübertragung sind zudem noch deutlich schnellere Rechner Pflicht.
Im Gegensatz zu Vista gibt es beim neuen Mac OS X einmal mehr nur eine Version. "Bei uns bekommt jeder das "Ultimate"-Paket", sagte Jobs der New York Times mit Blick auf Microsofts Strategie, sein aktuelles Windows in sechs abgestuften Versionen auf den Markt zu bringen. Das Innovationstempo wolle Apple beibehalten, sagte er, und alle 12 bis 18 Monate neue Versionen herausbringen: "Das gibt uns die Möglichkeit, zu polieren und zu polieren und zu verbessern und zu verbessern."
Laut Apple enthält Leopard über 300 neue Funktionen, die das Leben mit Mac-Rechnern angeblich einfacher gestalten sollen. Die aktuelle Mac OS X-Version mit dem Codenamen "Tiger" gilt allerdings bereits als sehr stabil und schlug sich in Tests auch immer gut gegen Microsofts Vista. Echte Hitfunktionen wie die Möglichkeit, auch Windows auf aktuellen Macs zu installieren, nahm Apple mit kostenloser Betasoftware ("Boot Camp") vorweg. (Diese läuft allerdings mit Erscheinen von Leopard aus.)
Was bleibt also? Vor allem Poliertes: Der zentrale Dateiverwalter des Mac, der "Finder", wurde deutlich optimiert, bietet einfachere Bedienung und eine schnellere Ansicht von Dokumenten. Überarbeitet wurde auch die Programmleiste "Dock", über die sich Applikationen nun schneller und geordneter aufrufen lassen. Die Funktion "Spaces" sorgt für Ordnung auf dem virtuellen Schreibtisch, in dem mehrere Desktops parallel betrieben werden können. Mit der Kommunikationssoftware "iChat" kann man nun auch Präsentationen aus der Ferne seinen Gesprächspartnern vorführen und sie auf seinen Mac zugreifne lassen. Optimierungen gab es außerdem an der E-Mail-Software "Mail" und dem Browser "Safari". Auch die Mac OS X-Oberfläche selbst wurde einheitlicher gestaltet.
Interessantestes neues Feature an Leopard ist jedoch eine Software namens "Time Machine", die das Anlegen von Sicherheitskopien deutlich vereinfachen soll. Sie speichert Veränderungen an Dokumenten automatisch auf einer möglichst großen, externen Festplatte und erlaubt es dem Nutzer dann, zu älteren Versionen oder gelöschten Dateien zurückzukehren, sollte er einmal einen Fehler machen. Die Optik von "Time Machine" wirkt dabei ein wenig wie aus einem Science Fiction-Film. "Ziel von Time Machine ist es, dass sich Mac-Nutzer nie mehr Sorgen um ihr Backup machen müssen", erklärte Apple-Chef Jobs bei der Ankündigung.
Das Interesse an dem neuen Betriebssystem ist unter Mac-Nutzern groß: Apple will nach eigenen Angaben einen großen Umstiegswillen verspürt haben. Tatsächlich steht die Leopard-Vorbestellung bei großen Online-Händlern wie Amazon.com inzwischen auf Platz 1 der Verkaufscharts.
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