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Applaus für die Totalitarismustheorie

■ „Mit Rechten reden?“ – eine Debatte dazu nahm ein nicht abzusehendes Ende

Sie sagte es ganz zum Schluß. Sibylle Plogstedt, 68erin und Journalistin („Daß Rudolf Heß isoliert wurde, hat ihn zum Märtyrer gemacht.“) forderte wiederholt zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auf. Nach 1945 sei im Westen eine solche nicht gegen die Öffentlichkeit durchzusetzen gewesen und ein Großteil der Nazis in Amt und Würden geblieben. Genau dies aber dürfte nun, nach dem Ende der DDR, nicht noch einmal passieren. Applaus.

Wolfgang Templin, wegen seines Engagements für die rechtsextreme Junge Freiheit in die Kritik geraten, nickte sichtlich erfreut. Auch er ist der Meinung, die Deutschen verdrängten die Erfahrungen „beider Diktaturen“. Gerade aber die Auseinandersetzung darüber sei die Voraussetzung dafür, wieder über die nationale Identität der Deutschen nachdenken zu können.

Doch eigentlich stand das gar nicht zur Debatte. Zumindest nicht am Freitag abend im „Podewil“. „Mit Rechten reden?“ war das Thema, zu dem die Heinrich-Böll- Stiftung der Grünen nach Interview, Debattenbeitrag und Kommentar des ehemaligen DDR-Bürgerrechtlers Templin in der Jungen Freiheit geladen hatte. Heraus freilich kam eine Ermunterung an all jene, die schon immer gerne die Vernichtungsdiktatur der Nazis mit der SED-Herrschaft gleichsetzen wollten oder – wie Templin – die rechtsextremen Brandschatzer mit der Gewalt der autonomen Antifa-Bewegung.

Sein Problem, meinte Templin, der der alten Bundesrepublik attestierte, einen demokratischen Grundkonsens gefunden zu haben, sei nicht die drohende Gefahr von rechts, sondern von rechts und links, gegen die sich alle Demokraten zur Wehr setzen müßten. Daß für ihn zu den Demokraten auch der Großteil der Redakteure der Jungen Freiheit gehört, jenem Organ der neuen Rechten, deren unverhohlene Strategie es ist, die gesellschaftliche Isolation zu durchbrechen, daran ließ Templin keinen Zweifel.

Was Rechte und Rechtsextreme verbinde, entgegnete Wolfram Kempe, Autor und neben dem Historiker Martin Jander einer der beiden Templin-Kritiker auf dem Podium, sei der Rekurs auf die sinnstiftende Funktion der Debatte um nationale Identität. Kempe erinnerte daran, daß Templins Beschäftigung mit diesem Thema ähnlich der von Wolfgang Schäuble just in eine Zeit falle, da die Vereinigungskrise sinnfällig geworden sei. Statt dessen, meinte Kempe, müßte vielmehr über die uneingelösten Versprechen der Demokratie in der Bundesrepublik geredet werden. Doch Templin, der kurz zuvor dafür plädierte, einen drohenden „sozialen und psychologischen Kriegszustand“ zu verhindern, wies den Vorwurf ebenso zurück wie eine einseitige Ursache für die Vereinigungskrise.

„Jetzt haben alle in der BRD ihre politische Heimat gefunden“, meinte einer aus dem Publikum resigniert, „keine Opposition mehr, aber über diese Art Totalität redet ja keiner.“ Das Thema des Abends war inzwischen vergessen. Kempes Anregung, mit Rechten zu reden, die geistigen Brandstifter aber zu bekämpfen, endete im ungehaltenen Harmoniebedürfnis der Publikumsmehrheit, welcher der Dialog um jeden Preis, auch mit der Jungen Freiheit, offenbar näher lag als die Konfrontation mit den politischen Gegnern. Da war es nur konsequent, daß die Fragestellung des Abends schließlich gegen die Kritiker Templins gerichtet wurde. „Kann man eigentlich noch mit Linken reden?“ fragte eine Frau aus dem Publikum und erntete dafür dankbaren Beifall.

Beklemmend still war der Rest. Noch zu Beginn hatte die Moderatorin Christina von Braun an die Debatte in Frankreich erinnert. Dort habe es die neue Rechte geschafft gesellschaftsfähig zu werden, wohl auch deshalb, weil Linke wie selbstverständlich in neurechten Medien schrieben. „Das“, so von Braun, „hat dazu geführt, daß viele Intellektuelle jetzt wieder fordern: Schluß mit der Debatte.“ Am Ende war auch die Moderatorin still geworden. Uwe Rada

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