: Appell der Opposition
■ Zum Jahrestag des Ungarn–Aufstandes fordern 122 prominente Osteuropäer Demokratie, Pluralismus und Souveränität
Budapest/Berlin (ap) - In einer „Gemeinsamen Proklamation aus Osteuropa“ haben eine Reihe von Oppositionellen aus vier Staaten des sowjetischen Blocks die Weltöffentlichkeit aufgefordert, des Volksaufstandes in Ungarn vor 30 Jahren zu gedenken. Der am Sonntag gleichzeitig in Budapest, Ostberlin, Prag und Warschau in Umlauf gebrachte Aufruf ist von 122 Persönlichkeiten unterzeichnet. „Die ungarische Revolution wurde ebenso wie der Aufstand in Ostberlin, der Prager Frühling und die gesellschaftliche Bewegung der freien Gewerkschaft Solidarität in Polen durch sowjetische Intervention oder innere Militärgewalt unterdrückt“, heißt es in der „Proklamation“. Die Unterzeichner erklären ihre „gemeinsame Entschlossenheit, um politische Demokratie in unseren Ländern, um deren Unabhängigkeit, um einen auf dem Prinzip der Selbstverwaltung basierenden Pluralismus und um die friedliche Wiedervereinigung des geteilten Europas zu kämpfen“. In dem Appell heißt es weiter: „Die Traditionen und Erfahrungen der ungarischen Revolution bleiben unser gemeinsames Erbe und unser Antrieb.“ Zu den Unterzeichnern der Erklärung gehören der Ungar Laszlo Rajk, der Tschechoslowake Jiri Hajek, der DDR–Bürger Ralf Hirsch und der Pole Jacek Kuron. Die „Proklamation“ wurde von insgesamt 16 DDR–Bürgern, hauptsächlich Vertretern der „Initiative für Frieden und Menschenrechte“, unterschrieben. Zu den Unterzeichnern aus Polen gehören führende Vertreter oder Anhänger der verbotenen Gewerkschaftsbewegung „Solidarität“, darunter Adam Michnik, sowie Jan Litynski und Wiktor Kulerski, die vor kurzem aus dem Untergrund wieder aufgetaucht sind. Die Unterschriften aus der Tschechoslowakei umfassen auch die der Charta–77–Sprecherin Anna Sabatova und des Schriftstellers Vaclav Havel. Unter den Namen aus Ungarn befindet sich der des Schriftstellers Sandor Csoori. Der Ungarn– Aufstand wurde 1956 vom sowjetischen Militär niedergeschlagen. Nach amtlichen ungarischen Angaben kamen dabei 6.000, nach westlichen Schätzungen bis zu 32.000 Menschen um.
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