Anzieh-Computer

Rechner in der Gürtelschnalle, Bildschirm im Brillenglas: EU gibt vier Millionen Euro für Bremer Informatik-Institut

bremen taz ■ Selbst der kleinste und leichteste Laptop ist noch eine sperrige Kiste für den, der beide Hände frei haben muss. Die Lösung: ein Computer zum Anziehen – mit Rechner in der Gürtelschnalle, Bedienungselement im Handschuh und Monitor im Brillenglas. Diese Vision will jetzt ein europäisches Konsortium aus Forschungseinrichtungen und Technologie-Unternehmen realisieren. Einsatz könnten die neuartigen Geräte überall finden, wo die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt mit wenig Aufwand abrufbar sein muss: zum Beispiel in der Flugzeugwartung, in der Autoproduktion oder in der Notaufnahme eines Krankenhauses.

Hauptquartier des Forschungsprojekts ist das „Technologie-Zentrum Informatik“ an der Bremer Uni. Geschäftsführer Michael Boronowsky hat die letzten zwei Jahre damit zugebracht, die Allianz von insgesamt 36 Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft zu schmieden. Mit im Boot ist etwa die Technische Hochschule Zürich, aber auch internationale Unternehmen wie Siemens, EADS oder Zeiss. „Mit so starken Partnern schaffen wir es, dass die Amerikaner bei einer innovativen Technologie mal nicht die Nase vorn haben“, spekuliert Boronowsky.

Im Rennen um 24 Millionen Euro EU-Forschungsgeld setzte sich das Konsortium gegen 48 Mitbewerber durch. Vier Millionen aus dem Topf fließen nach Bremen, wo das TZI und das neue „Mobile Technology Research Center“ an dem Projekt teilnehmen. In drei Phasen à 18 Monaten soll jetzt je eine Serie von Prototypen entstehen, die dann in den Praxistest kommen. „Die große Herausforderung wird sein, die Bauteile so weit zu verkleinern, dass die Technik in ganz normale Kleidung integriert werden kann“, sagt Frank Höller vom Optikunternehmen Zeiss, das in Zukunft Brillen mit eingebauten Bildschirmen bauen will.

In Bremen wird im Wesentlichen an der Software für die neue Technik gearbeitet. „Unser Ziel ist es, Systeme zu programmieren, die über Sensoren erkennen, welche Informationen der Anwender gerade braucht“, erklärt Boronowsky. Der „Computer zum Anziehen“ einer Ärztin etwa könnte die Vitalwerte des Patienten, an dessen Bett sie gerade steht, anzeigen.

Zunächst sind die neuen Geräte ausschließlich für professionelle Nutzer vorgesehen. Zeiss wolle aber noch in diesem Jahrzehnt Produkte für private Verbraucher bauen, sagt Höller. Die wahrscheinlichste Anwendung: Computerspiele. ado