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Archiv-Artikel

Anzeigen, Winkels etc Gute Zeichen, lichte Zeiten

Die Anzeige steht im Keller des Literaturteils der neuen Ausgabe der Zeit, doch sie ist groß und unübersehbar. Der Verlag Kiepenheuer & Witsch wirbt für ein Kompendium zur neuesten deutschen Literatur, für Hubert Winkels’ Buch „Gute Zeichen“. Das ist ehrbar, und so gehört sich das: Ein Verlag kümmert sich um seinen Autor und dessen Werke. Noch ehrbarer ist, dass ein Verlag ein Buch bewirbt, das schon vor über einem Jahr veröffentlicht wurde. Allerdings ist bei aller Ehrbarkeit der Vorgang auch ein bisschen verwunderlich.

Nicht nur dass Verlage in der Regel nur aktuelle Bücher bewerben, sondern auch weil Hubert Winkels mit seinem Emphatiker-Gnostiker-Text entscheidend die Debatte um Volker Weidermanns Buch „Lichtjahre“ angestoßen hatte. Der Verlag von Weidermann: Kiepenheuer & Witsch. Anders als Winkels’ Buch, das, wenn überhaupt, nur in kleineren Lesezirkeln zur Kenntnis genommen wurde – es enthält unter anderem die gesammelten Zeitungsrezensionen von Winkels über neuere deutsche Literatur – ist Weidermann mit seinem Buch auf Platz sechs in die Spiegel-Charts eingestiegen, nicht zuletzt durch die erregte Feuilletondebatte, nicht zuletzt durch Winkels, der viel an Weidermanns Literaturgeschichte auszusetzen hatte.

Die späte Werbung wirft nun Fragen auf: Ob Winkels nachträglich als Autor beschwichtigt werden soll, wendete sich das Blatt doch schon bald zu Weidermanns Gunsten? Wird hier gar mit den Einnahmen des Weidermann-Buchs eine Winkels-Anzeige finanziert, was eine feine Ironie der Debatte wäre? Oder wird Hubert Winkels Dank dafür abgestattet, dass er in seinem Zeit-Text die KiWi-Kultur ins Literatur- und Gesellschaftsspiel gebracht hatte, die in den vergangenen Jahren möglicherweise die Suhrkamp-Kultur abgelöst habe?

Vielleicht ist es aber einfach so: Kiepenheuer &Witsch nutzt die Gunst der Stunde und glaubt fest daran, dass mit dem Erfolg von „Lichtjahre“ auch andere Literaturkompendien jetzt so richtig Konjunktur haben. Gute Zeichen eben und lichte Zeiten.

GERRIT BARTELS