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Anweisung 2

Denn die Natur der menschlichen Dinge bringt es so mit sich, daß der Teil, der am kräftigsten ist, er mag nun besiegt oder als Sieger den Kampfplatz verlassen, doch allmählich die Oberhand gewinnt und die Eigentümlichkeit des minder starken Teils vernichtet. Eben dadurch wird aber zugleich bewirkt, daß das Leben nicht ganz zerstört wird oder irgend etwas völlig zugrunde geht. Scheint etwas unterzugehen, so schließt es sich nur an eine vollkommenere Gemeinschaft an und verschmilzt so mit ihr, daß ein neues Leben und eine Reihe von Begebenheiten entstehen, welche mit dem früheren Leben sehr eng zusammenhängen und sich rückwärts mit ihm verknüpfen. Die Geschichte aber belehrt uns, daß jedem Zeitalter seine eigene Fehlerhaftigkeit anhaftet und seine eigentümliche Fähigkeit zur Tugend beiwohnt, so daß wir weder zur Verzweiflung noch zu Stolz und Übermut besonderen Grund haben. Auch das lernen wir, daß jedem Zeitalter seine eigene Aufgabe gegeben und vorgezeichnet sei, und so auch dem unsrigen, welche mit Fleiß und Sorgsamkeit durchzuführen wir uns selbst anschicken müssen. [...] Diese Wissenschaft in Ihre Seele aufzunehmen, lade ich Sie ein, teure Kommilitonen: daß wir den Weg einschlagen, den sie uns zeigt, dazu mahnt uns das Vaterland, das Beispiel des Altertums und der neueren Zeiten, endlich die Natur und Notwendigkeit der Dinge selbst. Leopold von Ranke,

aus seiner Antrittsrede,

gehalten an der Humboldt-

Universität 1836

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