Anwalt Eschen über neuen Justizsenator: "Ich hätte ihn nicht ausgesucht"
Als Notar hätte Justizsenator Michael Braun (CDU) die Wohnungskäufer über die Risiken belehren müssen, sagt Klaus Eschen. Er war selbst Notar und kennt die Praktiken.
taz: Herr Eschen, Sie waren lange Notar. Was halten Sie von den Vorwürfen gegen den neuen CDU-Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun?
Klaus Eschen: Es ist immer bedenklich, wenn ein Notar der Hausnotar einer Maklerfirma oder Investmentfirma ist. Die Gefahr besteht, dass er abhängig wird und seine Neutralität gegenüber den übrigen Beteiligten verliert.
Im konkreten Fall war es so, dass kleine Leute von Immobilienfirmen Schrott-Wohnungen gekauft haben. Braun und sein Kanzleipartner haben mindestens 40 solcher Verträge beurkundet. Was für Pflichten hat ein Notar?
war Rechtsanwalt und Notar. Eschen, Sohn des jüdischen Berliner Fotografen Fritz Eschen, gründete 1969 zusammen mit Horst Mahler und Hans-Christian Ströbele eine Anwaltssozietät, die mit der Verteidigung von Mitgliedern der RAF Bekanntheit erlangte. Seit 1983 war Eschen auch als Notar tätig. Von 1992 bis 2000 bekleidete Eschen das Amt eines Richters am Verfassungsgericht in Berlin.
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Nur wenige Tage nach seiner Vereidigung musste sich der neue Justizsenator Michael Braun (CDU) gegen Vorwürfe wegen angeblich dubioser Immobilienverkäufe wehren. Am Mittwoch soll sich auch der Rechtsausschuss damit befassen, fordern die Grünen.
Er muss die Käufer über die Riskien und Auswirkungen des Geschäfts belehren. Aber ein Notar, der Unerfahrene allzu viel belehrt, ist bei Immobilienfirmen unbeliebt, weil es ihren Geschäften schadet.
Wie kommen Sie zu der Annahme?
Als Brandenburgischer Notar sind mir von Maklern oder Investoren Hunderte von Geschäften in Aussicht gestellt worden, sofern ich ihnen gewisse Vergünstigungen finanzieller oder auch rechtlicher Art verspräche.
Wie haben Sie reagiert?
Ich habe mich geweigert. Danach hörte ich stets das Gleiche: "Dann gehe ich nach Berlin, dort gibt es Dutzende Notare, die das machen." Druck ist immer Grund zum Misstrauen. Das einzige, was für einen Notar eilig ist, wäre das Testament eines Todkranken. Laut Bundesnotarordnung soll ein Vertragsentwurf den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vor Beurkundung zur Prüfung zur Verfügung gestellt werden.
Wie bringt man einen Wohnungskäufer dazu, von einem Tag auf den nächsten zu unterschreiben?
In dem man ihm vorgaukelt, dass es sich um ein Schnäppchen handelt. Wenn er nicht sofort zugreife, gehe die Chance flöten.
Und hinterher stellt sich heraus, die Wohnung ist Schrott. Was hat der Notar von so einem Geschäft?
Eine Menge Geld. Immobilinenfirmen sind potente Mandanten. Wen man nicht nur Notar sondern auch Rechtsanwalt ist, winken noch andere Mandate. In Brandenburg wurde immer gerügt, wenn eine Kanzlei zum Hausnotar von bestimmten Firmen wurde.
Ist Braun, der solche Verträge beurkundet hat, als Justiz- und Verbraucherschutzsenator vertretbar?
Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl.
Warum genau?
Eigentlich sollte es bei solchen Geschäften so sein, dass der Käufer sich einen Notar seines Vertrauens auswählt. In den vorliegenden Fällen haben die Immobilienfirmen den Notar ausgesucht. Das ist eine Frage professioneller Seriösität. Ich hätte diesen Mann nicht als Senator ausgesucht. Ich halte das für anrüchig.
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