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Antiterroreinsatz in SüdafghanistanKoalition für KSK-Geheimhaltung

Die Opposition ist sauer: Der Untersuchungsbericht über den Einsatz von Elitesoldaten in Afghanistan soll nicht veröffentlicht werden.

Soldaten der Kommando Spezialkräfte sind angeblich seit 2005 nicht mehr im Einsatz Bild: ap

BERLIN taz Die große Koalition will offenbar den Bundestagsbericht zum Wirken des "Kommandos Spezialkräfte" (KSK) im Rahmen des US-geführten Antiterroreinsatzes in Südafghanistan geheim halten oder nur verstümmelt freigeben. Der Grüne Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei schäumte am gestrigen Mittwoch, es habe zu Beginn der Untersuchung vor eineinhalb Jahren "ein sehr gemeinsames Aufklärungsinteresse aller Fraktionen" gegeben. Und nun gebe es "auf den letzten Metern die große Grätsche der Bundesregierung".

Der über 200-seitige Abschlussbericht des Verteidigungsausschusses, der sich dafür grundgesetzgemäß zum Untersuchungsausschuss eingesetzt hat, befasst sich mit Sinn und Umfang des bislang weitgehend geheim gehaltenen KSK-Einsatzes. Er liefert auch Fakten zum Fall des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz, der aussagt, 2002 von KSK-Soldaten misshandelt worden zu sein.

Rund 100 KSK-Soldaten unterstützten ab 2002 die amerikanische Operation "Enduring Freedom" (OEF) und waren so das Zeugnis der deutschen "uneingeschränkten Solidarität" nach dem 11. September 2001. Seit 2005 ist das KSK angeblich nicht mehr im Einsatz, der OEF-Beitrag Deutschlands rein theoretischer Natur. Er ist zu unterscheiden vom umfangreichen deutschen Beitrag zum UN-mandatierten Nato-Einsatz in Afghanistan. Nachtwei sagte: "Die Opposition ist sich einig", bliebe es beim Geheimhaltungsstempel, "würde das Herzstück des Untersuchungsergebnisses amputiert". Die Geheimhaltungswünsche des Verteidigungsministeriums seien "anmaßend" und "grundgesetzwidrig", die Begründungen teils "lächerlich".

Doch sickerte gestern schon Einiges über den Inhalt des Berichts heraus - und das war verheerend. So seien die besonders aufwendig ausgebildeten deutschen "Elite"-Soldaten durch geringfügige Aufgaben unterfordert worden. Es sei zu Alkoholmissbrauch gekommen - allerdings nicht nur bei den Deutschen. "Die schlimmste Verletzung soll von einer fliegenden Bierdose verursacht worden sein", hieß es aus der Grünen-Fraktion.

Bis zum 8. Mai wollen sich nun Koalitions- und Oppositionsfraktionen darüber einigen, wie mit dem Bericht zu verfahren sei. Nachtwei vermutete, dass die SPD sich vehementer sperre als die Union. Der Verteidigungsminister 2002 hieß Rudolf Scharping von der SPD.

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