Anti-Doping-Soko ohne Zugriff

■ Bei den 38. Deutschen Hallenmeisterschaften möchte der Leichtathletik-Verband, dem es bisher „scheißegal war, wie die Leistungen zustande kamen“, die Rolle des Anti-Doping-Vorreiters spielen

Dortmund (taz) — Legal — illegal — scheißegal! Diesen schlagfertighen Slogan hatten eigentlich die LeichtathletInnen erfinden müssen. Denn besser läßt sich die anhaltende Umherirrerei von AthletInnen und Funktionären beim Thema Doping nicht kennzeichnen.

Anläßlich der ersten gesamtdeutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund zeigten zur Abwechslung einmal die Funktionäre, wie hilflos sie doch dem finalen Produkt des Hochleistungssports gegenüberstehen. Daß nahezu jeder Ost- und Westsportler zu leistungsstimulierenden Mitteln griff, war bereits vor den Meisterschaften hinreichend bekannt. Schlimmer noch: „Den Funktionären war es scheißegal, wie die Leistungen zustande kamen“, wie Hochsprung-Europameisterin Heike Henkel beteuerte. Neu hingegen war, daß der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) in Sachen Doping plötzlich „eine Vorreiterrolle in der ganzen Welt spielt“, wie DLV-Präsident Helmut Meyer stolz verkündigte, nicht etwa die Rolle des einsamer Rufers in der Wüste.

Verschwiegen wurde bei all der Selbstbeweihräucherung, daß erst die immer höher gesteckten Leistungsanforderungen viele LeichtathletInnen bittere Pillen schlucken ließen. Denn wer die Erwartungen des DLV nicht erfüllen konnte, der flog aus dem Kader und wurde in die Wüste geschickt. Die Sportförderungen war damit futsch.

So, da war man sich in Dortmund einig, konnte es nicht weitergehen. Noch unter dem Tannenbaum fanden die 82 priviligierten A-Kader- Mitglieder einen Brief. Die freudige Mär: Fortan werden alle 14 Tage Dopingkontrollen durchgeführt. Die Überwachung der SportlerInnen durch eine eigens dafür eingesetzte Sonderkommission sollte zusätzlich dafür Sorge tragen, daß keiner mehr seinen Körper rein chemisch auf Trab bringt. In der Soko vereint sind die Exaktiven Harald Schmid, Renate Stecher, 'Bild‘-Kolumnistin Heide Ecker-Rosendahl und zwei Vertreter aus der Wirtschaft. Letztere kamen zu Ehren, um für die Kosten von 130.000 D-Mark aufzukommen.

Als Vorsitzender haben es Hauptkommissar Theo Roos und sein Team trotzdem nicht leicht. Fällt ein Arzt aus, fällt auch die Kontrolle flach. Ist das Wetter so schlecht wie im Moment, reist ein Athlet nicht zum Onkel Doktor an. Und von den 50 Ostaktiven „haben nur zwei ein Telefon“, beklagt der Soko-Chef sein Kommunikationsleid. Zudem muß sich erst einmal das neue Dopingnachweisverfahren von Prof. Manfred Donike bewähren.

Wann die Kontrollen umfassend greifen — der DLV hat inzwischen über 600 registrierte LeistungssportlerInnen —, vermag niemand zu prophezeihen. Manche wurden seit Dezember noch zu keiner Kontrolle bestellt. Andere, wie die Zehnkämpfer, wollen sogar über den 14-Tage- Rhythmus hinaus kontrolliert werden. Und zwar ohne Ankündigung. Torsten Haselbauer

Männer: Kugelstoßen: 1. Sven Buder (Chemnitz) 19,34 m, 2. Karsten Stolz (Wattenscheid) 18,35, 3. Michael Mertens (Wolfsburg) 18,20.

Frauen: Hochsprung: 1. Heike Henkel (Leverkusen) 1,98 m, 2. Heike Balck (Schwerin) 1,93, 3. Sabine Bramhoff (Dortmund) 1,91;

3.000 m: 1. Uta Pippig (Berlin) 8:56,44 Min. 2. Anke Schäning (Köln) 8:57,74, 3. Christina Mai (Dortmund) 9:03,71.

60 m Hürden: 1. Claudia Zaczkiewicz (Weinheim) 8,12 Sek., 2. Peggy Beer (Berlin) 8,14, 3. Kristin Patzwahl (Leipzig) 8,14.

3.000 m-Gehen: Beate Anders 11:56,00 (Hallenweltrekord).

Dreisprung: 1. Volker Mai (Neubrandenburg) 16,95 m, 2. Jörg Frieß (Berlin) 16,93, 3. Ralf Jaros (Wattenscheid) 16,71.

Stabhochsprung: 1. Bernhard Zintl (München) 5,50 m, 2. Christoph Pietz (Hannover) 5,40, 3. Mark Lugenbühl (Landau) 5,30.

60 m Hürden: 1. Stefan Mattern (Hannover) 7,75 Sek., 2. Holger Pohland (Leipzig) 7,76, 3. Mike Fenner (Berlin) 7,80.