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Ansturm auf UniversitätenBangen um Studienplätze

In diesem Wintersemester geht jeder zehnte Studienplatzbewerber leer aus, schätzen Experten. Die Gründe: doppelte Abiturjahrgänge, Planungschaos und Technikversagen.

Die Universitäten werden mit der Masse an Studienanwärtern nicht fertig. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer im kommenden Semester einen Studienplatz ergattern kann, darf sich glücklich schätzen. Denn es wird so viele Studienbewerber wie nie zuvor geben, rund 500.000, schätzt CHE Consult, die Beratungsfirma des gemeinnützigen Centrums für Hochschulentwicklung. Im letzten Wintersemester waren es knapp 60.000 weniger. Und zehn Prozent der diesjährigen Studienplatzbewerber könnten leer ausgehen, sagte Christian Berthold von CHE Consult am Dienstag der taz. Denn: Bis jetzt ist die Finanzierung für 50.000 Plätze ungeklärt.

Bund und Länder haben falsch prognostiziert, wie viele Abiturienten in diesem Jahr ein Studium beginnen wollen. Nun fehlt an den Hochschulen Geld für Lehrbeauftragte, Seminarräume und Lehrmittel, um die vielen Bewerber zu unterrichten. Margret Wintermantel, die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, hat vor wenigen Tagen zwar angekündigt, dass für die 50.000 Plätze kurzfristig Mittel bereitgestellt werden sollen. Doch Christian Berthold glaubt nicht, dass das Geld an der Situation im kommenden Semester noch etwas ändert. "Die Hochschulen können in der kurzen Zeit keine neuen Hörsäle bauen. Genauso schwierig wird es, neue Lehrbeauftragte zu finden", sagte er. Immer mehr junge Menschen hielten einen Hochschulabschluss für wichtig. Diese Entwicklung sei unterschätzt worden, so Berthold.

Grund für den Ansturm an die Unis: In Niedersachsen und Bayern machen gleich zwei Jahrgänge, die 12. und 13. Klasse, ihr Abitur. Dazu kommt, dass bundesweit die Wehrpflicht ausgesetzt wird. Hier geht CHE Consult von 31.000 bis 44.000 zusätzlichen Studienanfängern aus. Auch der Studierendenverband kritisierte die mangelnde Planung gegenüber der taz. "Bund und Länder sind bei ihrer Berechnung von möglichst niedrigen Prognosen ausgegangen, obwohl klar war, dass die doppelten Jahrgänge kommen werden", sagte Florian Pranghe vom Studierendenverband. "Es geht wohl darum, Geld einzusparen." Pranghe befürchtet, dass Vorlesungen und Seminare nun noch überfüllter sein werden.

Die neue Software funktioniert nicht

Doch nicht nur die Planung macht den Abiturienten das Leben schwer, sondern auch die Organisation der Studienplatzvergabe. Diese sollte reformiert werden, aber so weit ist es noch nicht. Schon in den letzten Jahren wurden Tausende Studienplätze nicht vergeben. Das Problem: Wer studieren und seine Chancen auf einen Platz erhöhen will, bewirbt sich derzeit bei möglichst vielen Universitäten parallel. Es kann so gut sein, dass sie von einer Universität eine Zusage erhalten, wenn sie schon längst andernorts einen Platz bekommen haben. Dann beginnt ein aufwändiges Nachrückerverfahren. Viele Plätze bleiben ganz frei. Im letzten Wintersemester etwa waren es - so ein aktueller Bericht der Kultusministerkonferenz - fast 20.000 Studienplätze nicht besetzt.

Mit einer neuen Software - dem "Serviceorientierte Dialogverfahren", das die Stiftung für Hochschulzulassung entwickeln ließ - sollte dieses Problem behoben werden. Das neue Programm sollte dafür sorgen, dass alle Hochschulen informiert werden, sobald ein Bewerber einen Studienplatz an einer Uni in Deutschland angenommen hat. So sollte garantiert werden, dass ein Bewerber nicht von verschiedenen Hochschulen ausgesucht wird, sollte das langwierige Nachrücksystem vermieden werden. Doch es funktioniert nicht.

Wegen technischer Probleme wurde die Einführung zum zweiten Mal verschoben. Die 15 Millionen Euro teure Software wird laut der Stiftung für Hochschulzulassung erst im Wintersemester 2012/2013 zur Verfügung stehen. Es gibt auch keinen Notfallplan - das ging im Juli aus einer öffentlichen Tagung des Bildungsausschusses hervor. Es könnte in diesem Semester - trotz Rekordzahl der Studienanfänger - wieder 20.000 unbesetzte Studienplätze geben. Viele der Plätze werden wohl in Ostdeutschland frei bleiben. Dort bewerben sich bisher am wenigsten Studenten.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • T
    Tim

    Wirkt nicht gut recherchiert.

    CHE Consult, zum Bertelsmannkonzern gehörig, ist eine, nein, DIE Lobbyorganisation für eine Ökonomisierung der Hochschullandschaft. Das muss man ja nicht verkehrt finden (schön wär's aber schon, grad bei der taz) und der Halbsatz, der erklärt was eine Institution so tut muss auch nicht notwendigerweise in einen Artikel. Hier wirkt das aber so als hätte man die Aussagen des Geschäftsführers ein wenig blauäugig übernommen.

     

    Und dann...

    "Studierendenverband"? Was soll denn das sein? Du meinst sicher den "freien zusammenschluss von studentInnenschaften" (fzs).

     

    Nächstes Mal bitte mehr Kontext im Artikel, damit auch Menschen, die nicht zufällig über den Kram bescheid wissen, wer da was warum sagt. Danke.

  • GS
    God save the Bertelsmann AG

    Im ersten Absatz heisst es "…CHE Consult, die Beratungsfirma des gemeinnützigen Centrums für Hochschulentwicklung…" - welch angenehm hofierende Formulierung. Das CHE ist ein Teil der Bertelsmann-Stiftung. Diese ist - vermutlich zu unrecht - gemeinnützig und vertritt Unternehmensinteressen der AG in der Gesellschaft. Für nähere Informationen sei auf Thomas Schulers "Bertelsmann Republik Deutschland" verwiesen.… Möge sich jede_r eine eigene Meinung bilden.

  • R
    Rod

    Ich hätte gerne eine handwerkliche Berufsausbildung gemacht. Doch das ist heute einfach asozial. Mein Vater ist Handwerksmeister und wir werden von akademischen Nachbarn wie Asoziale behandelt, obwohl mein Vater auf die Lebenszeit gerechnet wesentlich mehr verdient. Er hat schon sehr früh (mit 14) sein eigenes Geld verdient. Allerdings geht ein Akademiker gemütlich um 8 Uhr zur Arbeit und ist um 16:30 wieder zu Hause - sauber, im Anzug oder bequemen Sakko, entspannt für die Freizeitgestaltung des Abends.

     

    Mein Vater geht ging um 6 Uhr früh bereits aus dem Haus und kam Abends gegen 20 bis 21 Uhr nach Hause. Oft war er auch mehrere Tage oder Wochen weg, wenn die Baustellen für eine tägliche Heimfahrt zu weit entfernt waren. Wenn er nach Hause kam war er abgekämpft, verschwitzt und schmutzig. Die akademischen Nachbarn rümpften die Nase.

     

    Anfang 50 bekam mein Vater starke Knieschmerzen. Man stellte eine schwere Arthrose fest. Das kommt vom ständigen Tragen schwerer Gegenstände, in Hochhäusern oft 10 oder 20 Stockwerke hoch. Z.B. Schweißmaschinen von denen eine 45 kg wiegt, auch ein Bündel Schweißkabel oder Schläuche wiegt mitunter 30 bis 40 kg. An unzugänglichen Stellen mussten schwere Materialien von Hand mit Kurbelwinden und Einsatz von Körperkraft bewegt werden. Oft war es erforderlich stundenlang mit Bohrhämmern und Schlagbohrmaschinen zu arbeiten. Das alles hat ihn kaputt gemacht: Weißfingerkrankheit, Arthrose der Handgelenke und Kniegelenke, Wirbelsäulenschäden. Verbrennungen und Narben durch glühende Schlackeperlen, die einem beim Schweißen in Kragen und Schuhe rutschen, größere Schweißperlen brennen sich sogar durch feste Arbeitsbekleidung durch. Kurz und gut: Mitte 50 war er körperlich kaputt. Es folgte ein künstliches Kniegelenk usw. Arbeitslosigkeit, letztlich Hartz IV. Zuvor mußte er seine Altersersparnisse aufzehren.

     

    Mein Vater sagte mir immer: Arbeite nie im Handwerk, tue alles dafür, dass Du studieren kannst. Und das werde ich auch! Bevor ich mich von der Arbeit als Handwerker so kaputt machen lasse, wie mein Vater und dann meine sauer verdienten Ersparrnisse fürs Alter aufbrauchen muss, da gehe ich entweder studieren oder ich arbeite überhaupt nicht!

     

    Meine Mutter hat es nicht weniger übel getroffen. Sie war zuerst Zeichnerin, dann wurde sie wegrationalisiert. Danach zwang man sie durch Sanktionen in einem Callcenter zu arbeiten. Nach mehreren Nervenzusammenbrüchen und Hörstürzen durch die Callcenterarbeit (den ganzen Tag schreiende und pöbelnde Beschwerdekunden - das macht jeden früher oder später kaputt) wurde sie zum nervlichen Wrack und nicht mehr vermittelbar.

     

    Jeder Mensch hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit und eine Arbeit, die einen nicht kaputt macht! So eine Arbeit ist am besten mit einem Studium zu erhalten.

     

    Jetzt haben es beide entlich geschafft, sie sind in der wohlverdienten Rente. Aber was haben sie davon? Mein Vater hat inzwischen das zweite künstliche Kniegelenk bekommen die Handgelenksarthrose und die Weißfingerkrankheit machen ihm zu schaffen. Meine Mutter leidet seit dem Hörsturz durch den Callcenterjob an quälenden Ohrgeräuschen. Sie hatten sich in jungen Jahren einen gemeinsamen Lebensabend erhofft - die letzten Jahre gemeinsam geniesen, in Urlaub fahren, sich an den Enkeln erfreuen. Und was ist: Beide vom Beruf kaputtgemacht, chronisch krank, körperlich und nervlich völlig am Ende. Und eine Mini-Rente, die zum sterben zu viel und zum Leben zu wenig ist.

     

    Unsere akademischen Nachbarn dagegen hatten erst bis 30 an der Uni herumgebummelt, danach einen gemütlichen Schreibtischjob, geregelten Feierabend und nach der Arbeit noch die Kraft für Sport. Sie hatten eine eingebaute Gehaltserhöhungsautomatik im Schuldienst und gingen mit vollen Bezügen in Pension. Unverbraucht, gesund und fit. Einfach zu beneiden.

     

    Aus den bitteren Erfahrungen meiner Eltern kann ich jedem nur ans Herz legen: Beharrt auf einem Studium. Entweder ihr dürft studieren oder ihr arbeitet überhaupt nicht! Wir müssen zusammenhalten und das konsequent durchziehen. Keiner arbeitet mehr etwas anderes, außer als Akademiker. Alle anderen Jobs werden knallhart boykottiert!

  • DA
    Der Analogist

    Dabei ist es für stress-geplagte junge deutsche Schüler nur der 3. Selektionsschritt, eventuell keinen Studienplatz zu bekommen:

     

    1. Selektion: Sekundarstufe I Abschluss

     

    2. Selektion: Sekundarstufe II Abitur

     

    3. Selektion: Studienplatz ergattern oder erkämpfen

     

    4. Selektion: 40 Prüfungen meistern bis zum BSc, oft nach 1 Fehlversuch

    Exmatrikulation  dann neue Studienplatzsuche  weiter bei P3

     

    5. Selektion: Bewerben für einige wenige Masterplätze

     

    6. Selektion: Bewerbung für nicht ausreichende Arbeitsplätze

     

    7. Selektion: Standhalten den ewigen Mobbing-Attacken in stress-geplagten deutschen Büros und Dax-gesteuerten Unternehmen

     

    Na und irgendwann ist man gut geübt, den Auswahlkampf zu stemmen. Also ist der Kampf um einen Studienplatz als erst 3. Selektionsschritt nur ein Indikator, was Leben in Deutschland bedeutet, wenn man im Rentenalter ein Häuschen sein Eigen nennen möchte.

  • DA
    Der Analogist

    An der Universität Landau/Pfalz lernt man in der Demographieforschung, was es für den Studienbetrieb bedeutet, eine Bevölkerung von 230 Menschen pro Quadratkilometer zu haben: Ausprüfen, Ausprüfen, Ausprüfen!! In Finnland leben nur 15 Menschen pro Quadratkilometer. Dort wird auf die Ausbildung jedes einzelnen Studenten Wert gelegt. In Deutschland ist alles nur Masse, auch bei den Studentenzahlen. Im Studiengang Umweltwissenschaften fangen i.d.R. 80-90 Studenten an, nach 2 Jahren sind's noch 20. Ausprüfen, Ausprüfen, Ausprüfen!!

     

    Und dann wollen unsere Politiker Fachkräfte aus anderen Ländern ins Land holen, weil unsere eigenen Leute vorher auf entmutigende Weise aussortiert wurden. Tolle Wurst, armes Deutschland!

  • T
    Tim

    Wirkt nicht gut recherchiert.

    CHE Consult, zum Bertelsmannkonzern gehörig, ist eine, nein, DIE Lobbyorganisation für eine Ökonomisierung der Hochschullandschaft. Das muss man ja nicht verkehrt finden (schön wär's aber schon, grad bei der taz) und der Halbsatz, der erklärt was eine Institution so tut muss auch nicht notwendigerweise in einen Artikel. Hier wirkt das aber so als hätte man die Aussagen des Geschäftsführers ein wenig blauäugig übernommen.

     

    Und dann...

    "Studierendenverband"? Was soll denn das sein? Du meinst sicher den "freien zusammenschluss von studentInnenschaften" (fzs).

     

    Nächstes Mal bitte mehr Kontext im Artikel, damit auch Menschen, die nicht zufällig über den Kram bescheid wissen, wer da was warum sagt. Danke.

  • GS
    God save the Bertelsmann AG

    Im ersten Absatz heisst es "…CHE Consult, die Beratungsfirma des gemeinnützigen Centrums für Hochschulentwicklung…" - welch angenehm hofierende Formulierung. Das CHE ist ein Teil der Bertelsmann-Stiftung. Diese ist - vermutlich zu unrecht - gemeinnützig und vertritt Unternehmensinteressen der AG in der Gesellschaft. Für nähere Informationen sei auf Thomas Schulers "Bertelsmann Republik Deutschland" verwiesen.… Möge sich jede_r eine eigene Meinung bilden.

  • R
    Rod

    Ich hätte gerne eine handwerkliche Berufsausbildung gemacht. Doch das ist heute einfach asozial. Mein Vater ist Handwerksmeister und wir werden von akademischen Nachbarn wie Asoziale behandelt, obwohl mein Vater auf die Lebenszeit gerechnet wesentlich mehr verdient. Er hat schon sehr früh (mit 14) sein eigenes Geld verdient. Allerdings geht ein Akademiker gemütlich um 8 Uhr zur Arbeit und ist um 16:30 wieder zu Hause - sauber, im Anzug oder bequemen Sakko, entspannt für die Freizeitgestaltung des Abends.

     

    Mein Vater geht ging um 6 Uhr früh bereits aus dem Haus und kam Abends gegen 20 bis 21 Uhr nach Hause. Oft war er auch mehrere Tage oder Wochen weg, wenn die Baustellen für eine tägliche Heimfahrt zu weit entfernt waren. Wenn er nach Hause kam war er abgekämpft, verschwitzt und schmutzig. Die akademischen Nachbarn rümpften die Nase.

     

    Anfang 50 bekam mein Vater starke Knieschmerzen. Man stellte eine schwere Arthrose fest. Das kommt vom ständigen Tragen schwerer Gegenstände, in Hochhäusern oft 10 oder 20 Stockwerke hoch. Z.B. Schweißmaschinen von denen eine 45 kg wiegt, auch ein Bündel Schweißkabel oder Schläuche wiegt mitunter 30 bis 40 kg. An unzugänglichen Stellen mussten schwere Materialien von Hand mit Kurbelwinden und Einsatz von Körperkraft bewegt werden. Oft war es erforderlich stundenlang mit Bohrhämmern und Schlagbohrmaschinen zu arbeiten. Das alles hat ihn kaputt gemacht: Weißfingerkrankheit, Arthrose der Handgelenke und Kniegelenke, Wirbelsäulenschäden. Verbrennungen und Narben durch glühende Schlackeperlen, die einem beim Schweißen in Kragen und Schuhe rutschen, größere Schweißperlen brennen sich sogar durch feste Arbeitsbekleidung durch. Kurz und gut: Mitte 50 war er körperlich kaputt. Es folgte ein künstliches Kniegelenk usw. Arbeitslosigkeit, letztlich Hartz IV. Zuvor mußte er seine Altersersparnisse aufzehren.

     

    Mein Vater sagte mir immer: Arbeite nie im Handwerk, tue alles dafür, dass Du studieren kannst. Und das werde ich auch! Bevor ich mich von der Arbeit als Handwerker so kaputt machen lasse, wie mein Vater und dann meine sauer verdienten Ersparrnisse fürs Alter aufbrauchen muss, da gehe ich entweder studieren oder ich arbeite überhaupt nicht!

     

    Meine Mutter hat es nicht weniger übel getroffen. Sie war zuerst Zeichnerin, dann wurde sie wegrationalisiert. Danach zwang man sie durch Sanktionen in einem Callcenter zu arbeiten. Nach mehreren Nervenzusammenbrüchen und Hörstürzen durch die Callcenterarbeit (den ganzen Tag schreiende und pöbelnde Beschwerdekunden - das macht jeden früher oder später kaputt) wurde sie zum nervlichen Wrack und nicht mehr vermittelbar.

     

    Jeder Mensch hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit und eine Arbeit, die einen nicht kaputt macht! So eine Arbeit ist am besten mit einem Studium zu erhalten.

     

    Jetzt haben es beide entlich geschafft, sie sind in der wohlverdienten Rente. Aber was haben sie davon? Mein Vater hat inzwischen das zweite künstliche Kniegelenk bekommen die Handgelenksarthrose und die Weißfingerkrankheit machen ihm zu schaffen. Meine Mutter leidet seit dem Hörsturz durch den Callcenterjob an quälenden Ohrgeräuschen. Sie hatten sich in jungen Jahren einen gemeinsamen Lebensabend erhofft - die letzten Jahre gemeinsam geniesen, in Urlaub fahren, sich an den Enkeln erfreuen. Und was ist: Beide vom Beruf kaputtgemacht, chronisch krank, körperlich und nervlich völlig am Ende. Und eine Mini-Rente, die zum sterben zu viel und zum Leben zu wenig ist.

     

    Unsere akademischen Nachbarn dagegen hatten erst bis 30 an der Uni herumgebummelt, danach einen gemütlichen Schreibtischjob, geregelten Feierabend und nach der Arbeit noch die Kraft für Sport. Sie hatten eine eingebaute Gehaltserhöhungsautomatik im Schuldienst und gingen mit vollen Bezügen in Pension. Unverbraucht, gesund und fit. Einfach zu beneiden.

     

    Aus den bitteren Erfahrungen meiner Eltern kann ich jedem nur ans Herz legen: Beharrt auf einem Studium. Entweder ihr dürft studieren oder ihr arbeitet überhaupt nicht! Wir müssen zusammenhalten und das konsequent durchziehen. Keiner arbeitet mehr etwas anderes, außer als Akademiker. Alle anderen Jobs werden knallhart boykottiert!

  • DA
    Der Analogist

    Dabei ist es für stress-geplagte junge deutsche Schüler nur der 3. Selektionsschritt, eventuell keinen Studienplatz zu bekommen:

     

    1. Selektion: Sekundarstufe I Abschluss

     

    2. Selektion: Sekundarstufe II Abitur

     

    3. Selektion: Studienplatz ergattern oder erkämpfen

     

    4. Selektion: 40 Prüfungen meistern bis zum BSc, oft nach 1 Fehlversuch

    Exmatrikulation  dann neue Studienplatzsuche  weiter bei P3

     

    5. Selektion: Bewerben für einige wenige Masterplätze

     

    6. Selektion: Bewerbung für nicht ausreichende Arbeitsplätze

     

    7. Selektion: Standhalten den ewigen Mobbing-Attacken in stress-geplagten deutschen Büros und Dax-gesteuerten Unternehmen

     

    Na und irgendwann ist man gut geübt, den Auswahlkampf zu stemmen. Also ist der Kampf um einen Studienplatz als erst 3. Selektionsschritt nur ein Indikator, was Leben in Deutschland bedeutet, wenn man im Rentenalter ein Häuschen sein Eigen nennen möchte.

  • DA
    Der Analogist

    An der Universität Landau/Pfalz lernt man in der Demographieforschung, was es für den Studienbetrieb bedeutet, eine Bevölkerung von 230 Menschen pro Quadratkilometer zu haben: Ausprüfen, Ausprüfen, Ausprüfen!! In Finnland leben nur 15 Menschen pro Quadratkilometer. Dort wird auf die Ausbildung jedes einzelnen Studenten Wert gelegt. In Deutschland ist alles nur Masse, auch bei den Studentenzahlen. Im Studiengang Umweltwissenschaften fangen i.d.R. 80-90 Studenten an, nach 2 Jahren sind's noch 20. Ausprüfen, Ausprüfen, Ausprüfen!!

     

    Und dann wollen unsere Politiker Fachkräfte aus anderen Ländern ins Land holen, weil unsere eigenen Leute vorher auf entmutigende Weise aussortiert wurden. Tolle Wurst, armes Deutschland!