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Anschlag in JerusalemHamas bekennt sich

Nach dem Attentat auf eine Talmudschule in Jerusalem werden in Israel erste Forderungen nach einem Ende der Friedensgespräche laut.

Erste Hilfe für einen verletzten Religionsschüler in Jerusalem. Bild: dpa

JERUSALEM taz Nach den tödlichen Schüssen in einer Jerusalemer Talmudschule herrscht in Israel höchste Alarmstufe. Die Armee verhängte eine Ausreisesperre über das Westjordanland. Tausende zumeist religiöse Trauergäste fanden sich am Freitagvormittag in der Merkas-Haraw-Jeschiwa ein, bevor sie in organisierten Bussen zu den Beerdigungen der acht überwiegend minderjährigen Studenten fuhren, die am Vorabend von einem palästinensischen Terroristen erschossen wurden. Der 25-jährige Angreifer stammt aus Ostjerusalem und war im Besitz eines israelischen Ausweises. Seine Familie errichtete ein Trauerzelt und hisste die Flaggen der Hamas und der Hisbollah.

Im Unterschied zu den üblichen Anschlägen in Einkaufszentren oder Bussen wählte der Täter sein Ziel bewusst aus. Die Merkas-Haraw-Jeschiwa gilt als das Flaggschiff des religiösen Zionismus, aus dem die Väter der jüdischen Siedlungen hervorgingen. Inzwischen hat die Hamas sich zu der Tat bekannt. Die islamischen Extremisten im Gazastreifen feierten die "heldenhafte Operation, die nicht die letzte sein wird", nicht nur als militärischen, sondern auch als politischen Erfolg. Tausende Palästinenser waren noch in der Nacht zum Freitag zu einer Freudenkundgebung auf die Straßen gezogen.

Fawsi Barhoum, Sprecher der Hamas im Gazastreifen, stellte die Tat in Zusammenhang mit der israelischen Militäroperation "Heißer Winter" vergangene Woche im Gazastreifen. Der Angriff sei eine "normale Reaktion auf das Massaker, bei dem über 120 Menschen, darunter 30 Kinder, Frauen und Alte getötet wurden". Ohne im Namen der Hamas die Verantwortung zu übernehmen, lobte Barhoum den Anschlag, der Teil des "legitimen Widerstandes gegen die Besatzung" sei.

Der Anschlag ereignete sich nur wenige Stunden nach Beginn der von den USA unterstützten Verhandlungen zwischen den islamischen Extremisten im Gazastreifen und ägyptischen Vermittlern über einen möglichen Waffenstillstand. Die Hamas hält an dem Ende der israelischen Blockade als Bedingung für eine Feuerpause fest. Fawsi Barhoum kommentierte die Mauer, die Ägypten im Grenzbereich zum Gazastreifen errichten lässt, als "interne ägyptische Entscheidung", mit der die Hamas nichts zu tun habe. Die Regierung in Kairo entschied über den Mauerbau, nachdem Hamas-Kämpfer Ende Januar die Grenzanlagen eingerissen hatten.

Nach Auskunft des israelischen Polizeisprechers Micky Rosenfeld arbeitete der Attentäter als Fahrer und kannte sich in der Gegend gut aus. Mit Gewehr und Pistole bewaffnet sei er durch den Haupteingang in die Bibliothek der Talmudschule gekommen, wo er sechs Magazine auf die Studenten abfeuerte, bevor er selbst erschossen wurde. Die Polizei spricht von einem "besonders schwerwiegenden" Attentat, da der Täter im Besitz der israelischen Staatsbürgerschaft war. Die rechtsnationale Partei Israel Beteinu forderte eine Aussetzung der Friedensverhandlungen.

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5 Kommentare

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  • D
    Dimitrij

    @malik: Es sind je nach Quelle 100-120-130 Palästinenser bei den Kämpfen umgekommen, von denen 20-25% Zivilisten waren. Jeder umgekommener Zivilist ist zwar schon zu viel, aber für eine Militäraktion mit den heftigsten Kämpfen in dieser dichtbewohnten Region seit 1967 sind die Totenzahlen unter Zivilisten sehr niedrig. Das sollte man sich im Hinterkopf halten.

    Die israelische Operation in Gaza wurde vom UN-Menschenrechtsrat verurteilt, der Anschlag auf Merkaz haRav von keinem UN-Organ. Und wenn man sich die Berichterstattung über die beiden Vorgänge anschaut, sollte klar sein, dass die Sympathien der Journalisten bei den Palästinensern liegen. Es sterben anscheinend zu wenige Israelis.

     

    @anoosh: Ich muss mich präzisieren: Der Mann hatte bis vor vier Monaten für Merkaz haRav gearbeitet, als was, steht in dem besagten Bericht nicht. Wohl kaum wird er Fahrer eines Schulbuses gewesen sein, denn eine Jeschiwa wird von Schülern besucht, die das Grundschulalter hinter sich haben und alleine die Jeschiwa erreichen können. Schulbusse für Jeschiwot habe ich noch nie gesehen. Insofern widerspricht die Antwort der Familienangehörigen den Angaben der Agentur nicht. Araber können hier von ziemlich jedem eingestellt werden, auch von Rassisten, dafür sind die Rassisten ja Rassisten, dass sie für billige Arbeit die anderen einstellen, ich glaube, dass der Mann ganz bestimmt nicht in einer exponierten Position gearbeitet hat.

     

    Und wenn man Hamas- und Hizbollah-Flaggen hisst, kann man mir nicht erzählen, dass das keine Bedeutung hat. Wenn das halt so üblich ist, mache ich mir um die arabische Bevölkerung hier Sorgen.

    Sie haben in einem Punkt vollkommen Recht: Es ist gut, dass Sie die beiden Orte besucht haben, mein Respekt gebührt Ihnen dafür, ich hätte das auch tun sollen.

  • M
    maalik

    Soweit ich mich erinnere sind vor ein oder zwei wochen hunderte palästinenser im gaza bein einem angriff der israelis gestorben, darunter auch zivilisten, sprich frauen und kinder. Als ich die nachrichten gelesen hab ist mir eins kla geworden. Es scheint keinen zu interessieren das Zivilisten und kinder gestorben sind. Aber wenn ein Israeli stirbt dann verurteilt jede Regierung diese Tat und stellt sich hinter Israel. Ich finde es sehr traurig, Ich glaube für die weltgemeinschaft müssten 1000 palästinenser sterben damit sie mal aufwachen. Ich Verurteile auch den Anschlag an der Jüdischen Schule, das war feige und kein moslem darf Unschuldige Menschen töten. Aber das die Israelische Regierung völkermord betreibt ist ja sowieso uninterssant für die Weltbevlökerung. Alles zum Schutze Israels. Das was die Palästinenser machen sind aus Unserer Sicht Terroranschläge, aaaaaaber auch ihrer sicht nennen sie das auch nur Selbstverteidigung. Ich glaube ich könnt hier einen roman schreiben, aber ich denke ich mache hier mal schluss. lg an alle leser

  • A
    anoosh

    ich habe virgestern 2 Plätze besucht. die Tora Schule wo der Anschlag passierte und das Haus des "Shahids" der den Anschlag begangen hat.Was mich sehr gewundert hat das 16 Stunden nach dem Anschlag überhaupt keine Polizei dort an der Schule war. Auf jedenfall keine uniformierte.Es waren ein paar Menschen dort die sich umgeschaut haben, einige die etwas erklären konnten. Die waren alle bewaffnet, die meisten mit Handfeuerwaffen.Ansonsten war alles schon Aufgeräumt und normal. Eine Kamera war dort.

    Auch gab es keine anzeichen dafür das am Eingang normalerweise ein Sicherheitsbeamter steht.

     

    In gesprächen mit seiner Cousine sind 2 Sachen klar geworden:1.Ala, der Attentäter, war Fahrer für die Schulkinder in seinem Stadtteil in Ost-Jerusalem und nicht Fahrer für Schüler der Tora Schule ( es hat mich eh gewundert warum eine extrem radikale jüdische Schule einen "Araber" als Fahrer anstellen sollte) 2. Hisbollah Anhänger war er tatsächlich nicht.

    Die Hamasflagge war auf dem Haus gehißt, was aber nicht heißen muss das er tatsächlich Hamas-Anhänger war, da diese Flagge auch traditionellere religiöse Muslims gebrauchen.

    und Dimitri: Makaber ist das hier überhaubt noch irgendwer das Word Frieden in den Mund zu nehmen wagt.

    Wenn mir ein Soldat am Checkpoint Shalom sagt, bekomme ich jedes mal eine ekel Gänsehaut.

  • D
    Dimitrij

    Ein Paar Anmerkungen:

    Erstens: Die Hamas hat die Informationen wieder verworfen, nach denen sie hinter dem Anschlag steckt. Stattdessen geht der Anschlag nun auf das Konto der praktisch unbekannten "Brigaden der Befreier Galiläas - Märtyrer von Imad Mughnieh und Gaza". "Life of Brian" lässt grüßen.

    Hizbollah hat auch versucht, den Anschlag für sich zu reklamieren, hat die entsprechenden Informationen wieder zurückgewiesen.

     

    Zweitens: Laut Newsru.co.il hatte der Mann nicht bloß als Fahrer sondern in dieser Jeschiwa gearbeitet. Er kannte nicht nur die Sicherheitsvorkehrungen, sondern auch die Menschen, die dort arbeiteten. Deswegen konnte er hineingelangen, ohne Verdacht zu schöpfen. Er eröffnete das Feuer im Namen Gottes auf die Leute, die ihn zuvor mit "Schalom" ansprachen. Das ist doch makaber!

  • A
    Anne

    Wieder eine Runde mehr in der Gewaltspirale. Und es ist ebenso sinnlos wie ergebnislos der einen oder anderen Seite die Hauptlast der Schuld an der ganzen Misere zu zu schreiben. Eigentlich ist es aber schon falsch, von nur 2 Seiten zu reden, oder von 8 oder von 32, denn eigentlich ist jedes in den Konflikt irgendwie involvierte Individuum eine eigene "Seite". Wie wär's mal damit: Weltweit konsequent in allen Medien nichts mehr über den Israel-Palästina- Konflikt zu berichten, so lange, bis sich auf 'beiden Seiten' (wozu eigtl. jeweils auch mehrere Staaten gehören) ein Mindestmaß an Vernunft durchgesetzt hat. Es kann außerdem ganz schön nerven, wenn manche Leute durch ihre effektheischerischen Taten andere Themen verdrängen, die ebenso dringend gelöst werden müssten und bei ähnlich verhältnismäßiger Aufmerksamkeit viel größere Fortschritte ihrer Lösung beinhalten würden. Wie wär's z.B. mal damit, über Krieg und Terror in Afghanistan, Irak, Israel, Palästina von wem auch immer verübt, nur im Verhältnis der Zahlen der Toten zu berichten, nämlich z.B. im Vergleich zu den täglich mehr als. 25.000 durch Armut umgebrachten Menschen weltweit, die sonst immer so gut wie schlicht vergessen, bzw. einfach hingenommen werden, als würde es sich um ein Naturereignis wie Ebbe und Flut handeln.