Anschlag in Afghanistan: Taliban tötet deutsche Soldaten
Ein Attentäter hat nahe Kundus einen Selbstmordschlag gegen Bundeswehr-Soldaten verübt. Dabei starben offenbar neben zwei Soldaten auch fünf Kinder.
BERLIN taz Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Patrouille der Bundeswehr sind am Montag in der Nähe des nordafghanischen Kundus zwei deutsche Soldaten getötet worden. Fünf Kinder, die in der Nähe spielten, seien ebenfalls ums Leben gekommen, sagte der Gouverneur der Provinz Kundus, Mohammad Omar. Laut Nato in Kabul gab es außerdem Verletzte.
Neben dem Konvoi der Bundeswehr habe sich ein Attentäter auf einem Fahrrad in die Luft gesprengt, erklärte Gouverneur Omar. Nach dem Anschlag seien zwei Verdächtige festgenommen worden. Man habe vor zuvor Erkenntnisse über vier aus Pakistan eingesickerte Selbstmordattentäter gehabt. Der Anschlag geschah im Distrikt Chahar Dara, wo auch Ende August ein deutscher Soldat tödlich verletzt wurde, nachdem sein Konvoi auf eine Sprengfalle gefahren war.
Auf der Homepage der Aufständischen teilte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid wenige Stunden nach dem Anschlag mit, ein Selbstmordattentäter der Aufständischen namens Islamuddin habe sich in die Luft gesprengt. Zu dem Anschlag sei es gekommen, als die "Invasionstruppen" Häuser im Dorf Hadschi Amanullah durchsucht hätten.
Mit dem jüngsten Selbstmordanschlag erhöht sich die Zahl der durch "Fremdeinwirkung", also Anschläge und Bomben, getöteten deutschen Soldaten auf vierzehn. Zählt man 16 Unfallopfer unter den Soldaten sowie drei bei einem Bombenanschlag getötete Polizisten und vier erschossene Zivilisten hinzu, steigt die Zahl der toten Deutschen in Aghanistan seit Einsatzbeginn 2001/2002 auf 35. Erst in der vergangenen Woche hat der Bundestag eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan sowie eine Aufstockung der maximalen Trppenstärke um 1.000 auf 4.500 Soldaten beschlossen. Gegenwärtig sind etwa 3.300 deutsche Soldaten dort.
Das Verteidigungsministerium bestätigte von den schlechten Nachrichten am Montagnachmittag zunächst nur, dass es einen Anschlag auf eine Patrouille um 13 Uhr Ortszeit (10.30 Uhr in Deutschland) bei Kundus gegeben habe. Eine Stellungsnahme des Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU) wurde für den späteren Abend in Aussicht gestellt, weil die Angehörigen zunächst nicht erreicht werden konnten.
Bundeswehr und Ministerium äußern sich zu Todesfällen grundsätzlich erst, wenn die Verwandten der Opfer informiert worden sind. So geraten die deutschen Verantwortlichen oft mit der Informationsverbreitung gegenüber afghanischen und Nato-Quellen ins Hintertreffen.
Die Region um die nordafghanische Provinzhauptstadt Kundus, wo die Bundesregierung 2003 ein "Provincial Reconstruction Team" (PRT) von den USA übernahm, ist seit gut einem Jahr wesentlich unsicherer geworden. Lokale Beobachter berichten von zunehmendem Einfluss von Taliban, die die lokale Bevölkerung erpressen, mit ihnen zu kooperieren.
Derzeit sind 550 deutsche Soldaten im PRT stationiert. Die Quick Reaction Force, die speziell ausgerüstete und mit großem Handlungsspielraum versehene "Schnelle Eingreiftruppe", ist laut Ministerium nicht mehr dort.
Das PRT wird offiziell auch von einem Vertreter des Auswärtigen Amts geleitet, um den zivil-militärischen Charakter des Standorts zu unterstreichen. Das Lager galt mit seinen Atriumbauten, in deren Höfen sogar Rosen wachsen, lange Zeit als beliebtestes Camp der deutschen Soldaten. Dies begann sich zu ändern, nachdem im Mai 2007 bei einem Selbstmordanschlag auf dem Markt in Kundus unter anderem drei deutsche Soldaten starben. Seit dem Winter wird das PRT auch häufiger mit Mörsergranaten und Raketen beschossen. Patrouillen finden inzwischen nur noch mit "geschützten" Fahrzeugen statt, die allerdings auch wendig sein und die Bevölkerung nicht erschrecken sollen.
In der afghanischen Hauptstadt Kabul wurde unterdessen eine Mitarbeiterin einer christlichen Hilfsorganisation mit britischem und südafrikanischem Pass auf offener Straße erschossen. Sie war nach Polizeiangaben am Montagmorgen alleine zu Fuß auf dem Weg zur Arbeit. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid erklärte, die Frau sei getötet worden, weil sie versucht habe, das Christentum zu propagieren. (mit dpa,ap)
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