Anschläge auf Nachschubkonvois: Pakistans Trucker verweigern sich
Die Risiken für Fahrer und Fahrzeuge, die den Nachschub nach Afghanistan bringen, sind zu groß geworden.
BERLIN taz Nach einer Serie spektakulärer Anschläge auf Nachschubkonvois und -Depots weigern sich jetzt viele pakistanische Lastwagenfahrer, Transporte für die internationalen Truppen in Afghanistan zu übernehmen. Etwa 75 Prozent des Nachschubs werden bisher durch Pakistan transportiert. Die Hauptroute geht von der südlichen Hafenstadt Karatschi über den Khaiberpass an die afghanische Grenze. Eine andere Route führt von Karatschi über Quetta im südwestlichen Belutschistan ins südafghanische Kandahar.
In den letzten zwei Wochen haben bewaffnete Islamisten bei mehreren Angriffen in oder nahe der nordwestpakistanischen Stadt Peschawar etwa 400 Nachschubcontainer und Fahrzeuge zerstört. Am Montag hatte ein letzter Konvoi Peschawar Richtung Kabul verlassen. Der Khaiber-Spediteursverband erklärte danach, aus Sicherheitsgründen keine Transporte mehr für die Nato und das US-Militär übernehmen zu wollen. Die Risiken für Fahrer und Fahrzeuge seien zu groß. "Die Situation ist sehr schlimm für uns", sagte Verbandspräsident Schakir Afridi. "Wir haben mit Politik nichts zu tun. Wir wollen Frieden." Zuvor stellte schon Karatschis Güterfrachtverband die Transporte für ausländische Truppen ein.
Nato-Sprecher hatten die ersten Angriffe auf Nachschubtransporte in Pakistan noch als "unbedeutend" abgetan. Inzwischen wird das Problem eingeräumt: "Wir sind sehr besorgt über die Sicherheit unseres Nachschubs", sagte der Kommandeur der internationalen Afghanistan-Truppe Isaf, US-General David McKiernan, laut dem afghanischen Nachrichtenportal Quqnoos.
Die Nato prüft jetzt alternative Transportwege durch Russland und Afghanistans nördliche Nachbarn Tadschikistan und Usbekistan. Über das usbekische Termes wickelt auch die deutsche Bundeswehr ihre Lufttransporte ab. Dafür kritisiert die Bundesregierung die dortigen massiven Menschenrechtsverletzungen nur milde. Über Usbekistan und Turkmenistan beziehen die US-Truppen die Hälfte ihres in Afghanistan benötigten Treibstoffs. Mehr Transporte durch Russland schaffen neue Abhängigkeiten. Deshalb werden auch Alternativen durch Georgien und die zentralasiatischen Republiken geprüft.
Mit den Angriffen auf den Nachschub in Pakistan, die vor einem Jahr begannen, wurde das Land immer stärker in den Afghanistankrieg hineingezogen. Beschießen US-Truppen bereits regelmäßig von Afghanistan aus mutmaßliche Taliban-Verstecke im pakistanischen Stammesgürtel mit Raketen, so zeigen die Taliban und ihre Verbündeten mit den Angriffen auf Konvois der Nato, dass auch für diese Pakistan nicht mehr sicher ist.
Noch gefährdeter ist der Nachschub in Afghanistan selbst. Laut der britischen Times zahlen private Sicherheitsfirmen, welche die Konvois bewachen, sogar Schutzgeld an die Taliban. Der Preis betrage bis zu einem Viertel des geschätzten Güterwertes. Demnach finanzieren Nato-Transporte die Taliban. Laut Times würde eine Sicherheitsfirma sogar direkt die Taliban mit der Sicherung beauftragen. Mit der geplanten Aufstockung der internationalen Truppen in Afghanistan wird der Nachschubbedarf auf 70.000 Container pro Jahr geschätzt. SVEN HANSEN
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